Monthly Archives: Dezember 2015

29.11 – 10.12 Chile

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Nach all den Strapazen der letzten Tage dachten wir eigentlich, dass die Umstände mit dem Grenzübertritt nach Chile wieder ein wenig besser werden würden, aber leider war dem nicht so. Schon bevor wir überhaupt offiziell im Land waren, sahen wir neben dem „Bienvenido a Chile“ Schild, dass die nächste Stadt Calama noch 192 Kilometer entfernt war. Unser Tank reichte aber maximal noch für 100 Kilometer und in dem Dorf Ollagüe, wo sich die Grenzstation befand, sahen wir leider auch keine Tankstelle. Durch unsere Müdigkeit stellten wir dieses Problem aber erstmal hinten an und kümmerten uns um den Grenzübertritt, der anders als von anderen berichtet ohne Probleme vonstattenging. Die chilenische Grenzpolizei achtet sehr penibel darauf, dass keine Früchte, Wurst oder Käse ins Land eingeführt werden. Wir hatten gehört, dass zu diesem Zweck das komplette Gepäck für eine Kontrolle ausgepackt werden muss. Unser Grenzbeamte war aber viel mehr an unserer Reise interessiert, unterhielt sich mit uns über Dinge, die wir uns im Land unbedingt anschauen sollten und zeigte uns Bilder von seinem Heimatdorf. Nachdem er einen flüchtigen Blick in unsere Koffer geworfen hatte, gab er uns noch einen Tipp zur Übernachtung und wir waren offiziell in Chile angekommen. Da wir außer den Keksen am Morgen die letzten 36 Stunden schon nichts mehr gegessen hatten, fuhren wir zu dem empfohlenen Gasthaus des Grenzers und bestellten uns eine doppelte Portion Abendessen, bevor wir uns schlafen legten. Am nächsten Morgen machten wir uns auf die Suche nach Benzin und fanden nach mehreren Versuchen jemanden, der uns etwas verkaufen wollte. Die nächsten Kilometer bestanden im Wesentlichen aus Wüste und Sandteufeln, die sich neben uns entwickelten und mich immer wieder beeindruckten. Als Tagesziel hatten wir uns die Stadt Antofagasta herausgesucht. Sie liegt direkt am Pazifik und bot dadurch wieder eine Alternative zur kargen Wüstenlandschaft der letzten Tage. Obwohl die Stadt selbst einen interessanten Eindruck machte, fuhren wir am nächsten Tag dennoch gegen frühen Nachmittag weiter, da sich schon erneuter Besuch aus Deutschland für Santiago ankündigte. Raus aus der Stadt, wieder rein in die Hochebene und wieder nichts als Wüste. Die nächste Station war das kleine Dorf  Taltal, welches ebenfalls am Pazifik liegt. Am Morgen unsere Abfahrt saßen wir beim Frühstück und wurden von den beiden Kunsttherapeutinnen  Paulina und Esther auf unsere Sprache angesprochen. Als wir ihnen erklärten, dass wir deutsch sprechen, wollten sie erfahren was wir hier in diesem kleinen Nest machen. Daraus entwickelte sich ein längeres Gespräch in denen sie uns erklärten, dass sie normalerweise auch nicht hier wohnen, aber aufgrund eines tragischen Erdrutsches, der vor Monaten nach starken Regenfällen die Stadt verwüstete die traumatisierten Kinder therapieren und heute ihr vorletzter Tag dort sei. Paulina, die mit ihrer großen Verwandtschaft in Santiago wohnt, lud uns ein, uns gerne zu melden, wenn wir in Santiago seien und eine Unterkunft bräuchten. Da mein Freund Arne allerdings mitten im Zentrum am „Plaza de Armas“ sein Hostel bezogen hatte und Paulina im äußersten Teil der Stadt wohnt, verwarfen wir den Gedanken zunächst, außerdem hatten wir noch einige Kilometer bis Santiago vor uns. Ich hatte die Tage zuvor schon ein wenig Probleme mit meiner Batterie und musste meist morgens das Motorrad anschieben, da sich die Batterie über Nacht meist weitestgehend entladen hatte. Als wir allerdings in Taltal starten wollten, half auch jedes Anschieben nichts und wir mussten mit dem Überbrückungskabel nachhelfen. Eigentlich hatte ich nicht vor nochmal eine neue Batterie zu kaufen, aber kurz vor der Stadt Caldera brach auf einmal komplett die Leistung des Motorrads zusammen und ich konnte noch mit maximal 20 km/h im ersten Gang weiterfahren. Aus diesem Grund legten wir einen außerplanmäßigen Stopp ein und ich überprüfte als erstes die Batterie als vermutete Fehlerquelle. Tatsächlich war seit meiner letzten Kontrolle die Batterieflüssigkeit bei zwei Kammern komplett verdunstet und die Batterie damit komplett zerstört. Wir checkten in einem Hostel ein und ich dachte zunächst, dass nun eine Odysee des Suchens beginnen würde, aber wie sooft hatten wir Glück und direkt an der Ecke der Straße befand sich ein Händler für Motorradersatzteile, der auch eine passende Batterie da hatte. Kurz umgebaut und wir konnten unsere Reise nach Santiago fortsetzen.

Arne, der auf einen Kurztrip in den Süden Chiles aufgebrochen war, sollte zwei Tage nach unserer Ankunft wieder zurück in Santiago sein, sodass wir die Stadt zunächst alleine erkundeten. Santiago ist mit ca. 6 Millionen die größte Stadt Chiles. Obwohl sie die Hauptstadt ist, liegt der Regierungssitz im 115 entfernten Valpareiso. Bis Santiago hat mir Chile eher weniger gefallen. Natürlich waren unsere vorherigen Stopps ganz nett, aber gerade die Fahrten waren unglaublich langweilig. Kurz vor Santiago änderte sich aber das Landschaftsbild leicht hin zu etwas mehr grün und die die Stadt Santiago empfand ich als einer der schönsten, die wir bisher besucht hatten. Tolle alte Gebäude umgeben von Palmen und etwas außerhalb des Stadtzentrums Streetart wo auch immer man hingeschaut hat. Außerdem gibt es in der Stadt an jeder Ecke kleine Cafés, sehr interessant gestaltete Bars und grandios angelegte Parks, die schnell zu erreichen sind und der Stadt die Hektik rauben, die man ein paar Straßen weiter in den urbanen Gegenden sofort wiederfinden kann, wenn es in der Ruhe der Parks zu langweilig werden sollte. Mir hat der Mix aus alldem sehr zugesagt. Am nächsten Tag um neun Uhr landete Arne ebenfalls wieder in Santiago und wir trafen uns kurze Zeit später, um mit ihm weiter Santiago zu erkunden und das gute Wetter zu genießen.

Am nächsten Tag hatte ich von Paulina eine Nachricht erhalten, ob wir noch in Santiago seien und Lust hätten am Abend zum Grillen vorbei zu kommen. Beim Grillen bin ich immer dabei und auch Constantin und Arne waren von der Idee angetan und so begaben wir uns Abends auf den Weg in einen der Außenbezirke Santiagos, um dort mit einem Teil von Paulinas Familia zusammen zu grillen. Es hätte wirklich keinen besseren Abschluss für Santiago geben können.  „Gracias por la gran noche y la comida deliciosa.“

Nachdem wir Santiago verließen fuhren wir weiter in Richtung Süden und überprüften an einem Rastplatz die Spannung unserer Ketten. Seit der sandigen und salzigen Landschaft in Bolivien hatte besonders meine Kette deutliche Abnutzungserscheinungen gezeigt und auch hier zeigte sich, dass wir beide Ketten spannen sollten. Constantin bekam leider seine Schraube nicht auf und so beschlossen wir in der nächstgelegenen Stadt San Fernando einen Mechaniker mit größerem Schraubenschlüssel für einen besseren Hebel anzuhalten. Als wir bei dem Mechaniker ankamen, nutzte ich die Gelegenheit und fragte nach einer Einschätzung bzgl. der noch fahrbaren Kilometer mit meinem hinteren Kettenrad, da auch dieses mittlerweile ziemlich abgenutzt war. Als er das Rad sah, sagte er, dass ich es eigentlich sofort tauschen müsste, da ich so maximal noch 200 Kilometer kommen würde und danach alle Zähne weg wären. Da er aber kein passendes da hatte, riet er uns zurück nach Santiago zu fahren und es dort tauschen zu lassen. Irgendwie Da das gesamte Material (Reifen, Ketten und die undichte Federgabel) allerdings den Eindruck macht, dass wir unseren Weg ohne weitere Umwege fahren sollten, um nicht noch mehr Geld in die Motorräder stecken zu müssen, beschlossen wir uns erstmal eine Übernachtungsmöglichkeit zu suchen und einen anderen Weg zu finden. Nach ein wenig Recherche im Internet beschloss ich am nächsten Tag mit dem ersten Bus zurück nach Santiago zu fahren, dort ein Kettenrad zu kaufen und es wieder zurück in San Fernando einbauen zu lassen. Nachdem auch alles reibungslos geklappt hatte, konnten wir unsere Reise am nächsten Tag fortsetzen und kamen langsam in Richtung Patagoniens.

Als (geografisches) Patagonien wird das Gebiet zwischen den Flüssen „Rio Bio Bio“ und „Rio Colorado“ und der südlich gelegenen Magellanstraße bezeichnet, wobei es keine genaue festgelegte Grenze gibt. Da sich das Bild von Chile als Land für mich ab diesem Zeitpunkt komplett änderte und nichts mehr mit der eher langweiligen Wüstenlandschaft des Nordens gemeinsam hatte, widme ich mich Patagonien im nächsten Beitrag.

Abschließend ein Lachsceviche:

21.11 – 29.11 Bolivien

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Das mit Abstand anstrengendste Land für Mensch und Maschine durch welches wir bisher gefahren sind heißt Bolivien. Dabei änderte sich zu Beginn kaum etwas zu den Verhältnissen aus Peru. Ca. 120 Kilometer hinter der Grenze liegt bereits La Paz, die Hauptstadt des Landes. Sie befindet sich in einer sehr bergigen Landschaft, weshalb zwischen dem oberen Teil El Alto und dem unteren Teil der Stadt ein Höhenunterschied von knapp 1.000 Metern besteht. Wir kamen zunächst im ärmeren oberen Teil der Stadt auf 4.100 Metern an, ohne zu wissen, dass sich das touristische Stadtzentrum, in dem auch unsere Väter einen Tag später ihr Hotel beziehen würden, im unteren  Teil der Stadt befindet. Wir hatten den Plan uns zunächst ins Zentrum durchzufragen und dort eine Bleibe zu suchen. Wir fragten mehrere Leute, die uns immer wieder in unterschiedliche Richtungen schickten, was letztendlich dazu führte, dass wir uns auf einmal mitten im Leben von La Paz bzw. El Alto und weit weg von Hotels oder Hostels wiederfanden. Ein riesiger Markt, tausende Menschen, die in kleinen ca. ein Quadratmeter großen Läden Dinge wie Handtaschen,  Getränke, Süßigkeiten, Handyhüllen, Kleidung oder ähnliches verkauften und mindestens genauso viele Menschen, die dort diese Dinge kauften oder aus sonstigen Gründen über den Markt liefen. Dass der Markt in keiner Weise vom Verkehr abgetrennt war und wir mittendurch fuhren, machte zwar das Vorankommen zu einer wirklich schwierigen Aufgabe, gab aber die Möglichkeit wirklich mittendrin zu sein. Nachdem wir mehrere Personen ansprachen und diese konkreter nach Übernachtungsmöglichkeiten fragten, aber erneut immer in unterschiedliche Richtungen geschickt wurden, in denen wir lediglich weitere Geschäfte oder noch mehr Markt vorfanden, hatten wir die Idee nach der genauen Hoteladresse unserer Väter zu fragen. Erst dann fanden wir heraus, dass wir im komplett falschen Teil der Stadt waren und eigentlich in den unteren Teil mussten. Mittlerweile hatten wir allerdings ein neues Problem: Das Benzin ging uns aus, bis zum unteren Teil der Stadt waren es noch über 20 Kilometer und wir hatten noch keine Bolivianos. Eigentlich könnte man denken, dass dies in einer so großen Stadt kein Problem sein sollte, aber in Bolivien werden viele Menschen zum Wochenende hin bezahlt, was dazu führt, dass aufgrund leerer Geldautomaten die Verfügbarkeit von Bargeld sehr gering ist. Außerdem haben alle Tankstellen an denen wir fragten die Annahme von Kreditkarten verweigert. Sowieso ist das Tanken für Ausländer in Bolivien ziemlich teuer, da Fahrzeuge mit ausländischem Nummernschild den dreifachen Preis pro Liter zahlen müssen. Dies kann aufgrund eines Computersystems in den das Kennzeichen eingetragen werden muss auch leider nicht umgangen werden. Ausländische Fahrzeuge sind also in der Regel keine wirklich gern gesehenen Gäste, was wir an manchen Tankstellen an denen wir nur unter größter Anstrengung überhaupt Benzin kaufen konnten, zu spüren bekamen. Glücklicherweise fanden wir nachdem wir uns aus der Oberstadt gekämpft hatten ziemlich schnell ins Zentrum und dort ein Hostel, in dem wir unterkommen konnten und das kein Problem mit einer späteren Bezahlung hatte. Am nächsten Tag erkundeten wir ein wenig die Stadt und warteten ab dem späten Nachmittag hauptsächlich in Wlan Nähe darauf die Info unserer Väter zu erhalten, dass sie ebenfalls angekommen sind. Während dieser Zeit planten wir den nächsten Tag. Wir wussten, dass unsere Väter einen Tagesausflug im Programm hatten, bei dem wir nicht eingeplant waren. Wir entschieden uns dafür mit den Motorrädern den Camino de la Muerte (Straße des Todes) zu fahren. Der eigentliche Name der Straße lautet Yungas- Straße, da sie von La Paz aus in das knapp 60 Kilometer entfernte Yungas Gebiet führt. Den Beinahmen Camino de la Muerte bekam sie, da aufgrund der Straßenverhältnisse dort jedes Jahr ca. 200 – 300 Menschen starben. Ein Grund dafür ist die geringe Sichtweite bei häufig auftretendem Nebel oder durch Erosion auftretende Erdrutsche. Größtes Problem war allerdings das hohe Verkehrsaufkommen auf der selten mehr als 3,5 Meter breiten Straße. Durch überbreiten Schwerlast- und Buslinienverkehr, der ebenfalls über diese Straße fuhr, blieb kaum Platz, um aneinander vorbei zu kommen. Um hier den Fahrern mehr Sicherheit geben zu können, wurde entlang der Straße der Linksverkehr eingeführt. Die links sitzenden Fahrer sollten so eine bessere Einschätzung des Abstands zum Abgrund erhalten. 2006 wurde eine gut ausgebaute Umgehungsstraße eröffnet, die dazu führte, dass der Kraftverkehr nahezu nicht mehr existiert und die Straße meist nur noch von Downhill-Fahrradfahrern, Motorradfahrern oder den wenigen Bewohnern der angrenzenden Dörfer genutzt wird. Unser Plan sollte sich allerdings leicht ändern, als wir erfuhren, dass unsere Väter nun angekommen waren und uns für den Tagesausflug am nächsten Tag noch nachgebucht hatten. Erfreut darüber, dass wir nun auch tagsüber Zeit mit unseren Vätern verbringen können, schoben wir den Plan entlang des Caminos zu fahren erstmal beiseite und trafen uns noch auf ein Bier mit Ihnen.

Am nächsten Tag wurden wir morgens abgeholt und fuhren zu unserer ersten Station dem La-Cumbre Pass auf 4.650 Metern. Dieser Pass bietet nicht nur einen tollen Ausblick sondern ist auch gleichzeitig Ausgangspunkt für die Downhill Fahrradtouren entlang der Yungas-Straße. Da wir an unserem Plan festhielten, die Straße ebenfalls fahren zu wollen interviewten wir unseren Reiseführer über alle möglichen Details die Straße betreffend, bis er vorschlug die Straße einfach mit dem Auto zu fahren, da unser Ziel sowieso in der Nähe der am Ende gelegenen Stadt Coroico läge. Unsere Väter waren ebenfalls angetan von der Idee und so bogen wir ca. 10 Kilometer hinter dem Pass mit unserem Van auf die Todesstraße ein. Zu Beginn lässt der Anblick der Straße tatsächlich ein wenig Adrenalin aufkommen, da nur teilweise Leitplanken angebracht sind und es daneben fast rechtwinklig in den Abgrund geht. Deutlich beeindruckender ist aber die Veränderung der Landschaft entlang der kompletten Straße. Innerhalb der knapp 60 Kilometer fährt man 3.450 Höhenmeter nach unten. Hierdurch unternimmt man einen Schnelldurchlauf durch viele Klimazonen des Landes. Anfangs befindet man sich noch in der kargen Berglandschaft des Altiplanos (Name der Hochebene) und gegen Ende im Amazonas Regenwald.

Dort befindet sich auch La Senda Verde eine ähnlich aufgebaute Auffangstation, wie wir sie bereits in Peru besucht hatten. Ursprünglich wurde La Senda Verde 2003 mit der Idee gegründet Touristen am Ende der Straße des Todes inmitten des Regenwaldes durch Ökotourismus eine Alternative zu bieten. Ein Jahr später wurde ein als Haustier gehaltener Affe aufgenommen, wodurch sich der Fokus von einem Anbieter für Ökotourismus dahingehend änderte, geschmuggelten oder falsch gehaltenen Tieren eine neue artgerechte Heimat zu bieten. Leider lässt die Gesetzeslage in Bolivien nicht zu, dass einmal in Gefangenschaft lebende Tiere wieder frei gelassen werden, weshalb darauf geachtet wird, dass sich die Tiere nicht mehr fortpflanzen können. Highlight der Tour war ein 2007 aufgenommener damals vier Monate alter Andenbär, der trotz der Tatsache, dass die Art als gefährdet gilt und die Jagd auf ihn verboten ist, in einem benachbarten Dorf gehalten wurde und gegessen werden sollte.

Anschließend ging es wieder zurück nach La Paz wo die letzte Station unseres Tagesausflugs wartete: Der Hexenmarkt in der Altstadt. Ich glaube nicht an die Wirkung von Glück in Flaschen, Liebestropfen oder Erfolgstabletten, aber es scheint durchaus einige Menschen zu geben, die da anders ticken. Eine komplette Straße mit kleinen Läden, die lediglich Zutaten verkaufen, um beispielsweise Kinder schneller einschlafen zu lassen, Frauen gefügig zu machen oder Männern die Lust auf Alkohol zu rauben, würde ansonsten wirtschaftlich nicht überleben können. Am abgefahrensten empfand ich aber die Möglichkeit, sich in den Läden sogenannte K'oas zusammenstellen zu lassen. Hierunter versteht man ein Brandopfer, dass meist vor einem Hausbau auf dem Hexenmarkt erworben wird. Als Hauptzutat werden hier kleine aus Zucker bestehende Steine verwendet, auf denen bestimmte okkulte Symbole zu sehen sind. Zusätzlich können auch gemalte Bilder mit dazu gepackt werden, die in Kombination dem erhofften Ergebnis des Kunden durch den Zauber entsprechen. Hierzu zählen meist Klassiker wie Geld oder Gesundheit. Das Paket wird mit Gold- und Silberfolie dekoriert und abschließend wird für Glück und Segen noch ein getrockneter Lama Fötus hinzu gepackt. Das Ganze wird dann für ein besonders gutes Ergebnis an einem Freitag verbrannt, da an diesem Tag die Mutter Erde „Pachamama“ besonders empfänglich für Zauber sein soll. Die Asche wird anschließend in das Fundament eingegraben, um seine Wirkung zu entfalten. Nach so viel Zauber und obskuren Waren machten wir eine kurze Pause und trafen uns abends wieder mit unseren Vätern in der Stadt, um bei einer traditionell bolivianischen Show zu Essen und in den Geburtstag von Constantins Vater Wolfgang rein zu feiern.

Am nächsten Tag trafen wir uns morgens nochmal zu viert, um mit der Seilbahn über die Stadt zu fahren und den Blick von oben zu genießen, bevor wir wieder zurück ins Hotel gingen, von wo aus die Beiden wieder die Heimreise antraten. Im Gespräch mit dem deutschen Mitarbeiter der Reiseagentur, der sie abholte, erfuhren wir, dass es in der Nähe ein sehr gutes deutsches Restaurant geben soll und so führte uns der Weg abends zum Restaurant „Reinecke Fuchs“. Als hätten wir die Anstrengungen der kommenden Tage geahnt ließen wir es uns mit Weißwurst und Grünkohl gut gehen und konnten feststellen, dass deutsche Kost und natürlich das Bier im entfernten Ausland sehr gut ankommt.

Zunächst begann der nächste Tag ziemlich normal. Wir holten unsere Motorräder aus dem Parkhaus und tankten, da wir natürlich nach wie vor auf absoluter Reserve fuhren, packten danach unsere Sachen zusammen und starteten unseren Weg in Richtung des südlichen Uyuni. Auf dem Weg raus aus der Stadt kämpften wir uns den Berg hoch in Richtung El Alto und mit jedem Höhenmeter wurden die altbekannten Probleme der dünnen Luft wieder größer. Rauf auf die Schnellstraße und die Fahrt in Richtung Süden begann. Der Weg führte uns durch eine bunte Landschaft aus Sand und Felsen und ich sah das erste Mal wilde Flamingos. Sie standen nicht weit entfernt von der Straße an einem Wasserloch, liefen jedoch weg, als ich versuchte mich etwas zu nähern. Je weiter wir uns allerdings von La Paz entfernten, desto schlechter wurde die Straße. Eigentlich war es eine Abwechslung aus perfektem neuen Straßenbelag und Abschnitten in denen nichts als rutschiger Sand vorhanden war. Das Fahren auf Sand ist sicherlich kein großes Problem, man kommt aber deutlich langsamer voran und erheblich anstrengender als eine Fahrt auf Asphalt ist es auch. Glücklicherweise überwogen die asphaltierten Stellen zunächst noch und so kamen wir nach zwei Tagen an unserem Ziel Uyuni an. Etwas außerhalb befindet sich ein Highlight der Stadt: Ein Zugfriedhof. Hier liegen mitten im Sand dutzende ausrangierte Locks und Wagons, die ihrem vollständigen Verfall entgegengehen und dadurch eine gespenstische Atmosphäre erzeugen. Das eigentliche Highlight befindet sich aber noch etwas weiter vor den Toren der Stadt: Der größte Salzsee der Welt „Salar de Uyuni“. In der Stadt selbst werden zahlreiche Touren angeboten, in denen man mit Jeep und Führer diese Salzwüste erkunden kann. Da die jeweiligen Enden der Wüste mit einer maximalen Ausdehnung von 140 Kilometern mit einem Motorrad locker zu erreichen sind, wollten wir uns auf eigene Faust in die Leere wagen.

Zur Sicherheit mit einer 1,5 Literflaschen voll mit Benzin als Reserve bepackt und einer Touristenkarte, die leider einiges an Detailreichtum vermissen ließ, fuhren wir kurz nach Sonnenaufgang wieder ein wenig in Richtung Norden, wo sich der „Eingang“ zum Salar befindet. Da es seit einiger Zeit nicht geregnet hatte, war der Boden nicht komplett weiß und trotzdem waren dies einer der hellsten Orte an dem ich je war. Selbst mit Sonnenbrille waren die Sonne selbst und ihre Reflektion am Boden kaum auszuhalten. Dass die Sonne hier eine enorme Kraft hat merkte man vor allem an den kurzen Momenten, in denen wir mal für ein Foto, zum Auffüllen des Tanks oder um etwas zu trinken stehenblieben. Innerhalb weniger Minuten wurde es in unseren Anzügen und im Helm trotz der kühlen Luft extrem heiß. Nachdem wir schon eine Weile durch das Nichts fuhren, sahen wir in einiger Entfernung einige Autos und Menschen. Auch wenn wir natürlich in keiner gefährlichen Situation waren, strahlte dieses Bild eine gewisse Beruhigung aus. Leider hielt dieses Gefühl nicht wirklich lange, denn als wir näher kamen stellten wir fest, dass wir einer ersten Täuschung aufgesessen waren. Was wir für ein Auto und Menschen gehalten hatten, waren lediglich Steine… Ein Grund zur Sorge bestand natürlich nach wie vor nicht, machte aber trotzdem klar, wie gefährlich eine Fata Morgana sein kann, wenn wir tatsächlich ein Problem hätten. Ein kurzer Blick auf den Kompass und auf und den Kilometerstand machte klar: Wir müssen noch weiter, um ins Zentrum zu kommen, wo unser Ziel die Insel „Incahuasi“ liegt. Nach ein paar weiteren Kilometern tauchte sie südlich von uns inmitten der Wüste auf und aus der Ferne sah es aufgrund des Flimmerns über dem Salzboden so aus als würden die klar erkennbaren Jeeps, die auf dasselbe Ziel wie wir zusteuerten, fliegen. Wir änderten unseren Kurs und waren kurze Zeit später ebenfalls an der Insel, die durch ihre meterhohen  und teilweise über 1.000 Jahre alten Säulenkakteen charakterisiert wird. Aufgrund der Sonne haben wir uns hier allerdings nicht lange aufgehalten und sind weiter in Richtung Süden gefahren, um sowohl die Salzwüste als auch das Land zu verlassen. Je weiter wir an den Rand des Sees kamen desto brüchiger wurde der Untergrund und wir beschlossen aufgrund der Unfallgefahr nicht am Rand entlang den südlichen Ausgang zu suchen, sondern uns aus etwas größerer Entfernung anhand der umringenden Berge zu orientieren. Nach einigen Kilometern des Suchens fanden wir einen durch LKW für die Salzgewinnung genutzten Pfad in Richtung des Dorfs Chuvica, das am Rand des Sees liegt. Als wir herausfuhren, erwarteten uns allerdings die mit großem Abstand schlechtesten Straßen der bisherigen Reise. Die Sandwege hatten teilweise eine wellenartige Beschaffenheit, die so aussah als wären dort Kettenfahrzeuge entlang gefahren. Die Stoßdämpfer der Motorräder wurden dadurch aufs härteste gefordert. Jeden Meter gab es unzählige Stöße aufs Fahrwerk und ich dachte schon, dass mein Laptop und alle fragilen Dinge, die ich dabei hatte, nach dieser Fahrt reif für den Müll wären. Nach einiger Zeit hörte die wellenartige Straße auf und wurde durch noch feineren Sand ersetz als wir ihn zuvor schon hatten. Dies hatte zur Folge, dass wir zwar nicht mehr so extreme Schläge wegstecken mussten, aber eher über den Sand „schwammen“. Bei einem der diversen Stürze, die wir aufgrund des Untergrunds erlitten, riss auch einer von Constantins Koffern ab. Kurz mit Kabelbindern wieder befestigt und weiter ging die Tour. Nach einer gefühlten Ewigkeit waren wir endlich an unserem Ziel angekommen: San Juan. Leider hatte sich weder etwas an den Straßenbedingungen noch an der Dichte des Tankstellennetzes geändert. Glücklicherweise sind die Einwohner aber immer sehr hilfsbereit und verkaufen gerne etwas Benzin. Auch wenn sie dafür einen sehr hohen Preis verlangen, ist man hier immer noch deutlich günstiger, als an den offiziellen Tankstellen aufgrund der Regelung für ausländische Fahrzeuge. Laut der Aussage einiger Bewohner sollte Chile nun auch nicht mehr weit sein und unsere Karte zeigte ebenfalls einen Weg, der direkt über die Grenze führen sollte. Wir fuhren also einer etwas offizieller aussehenden Straße, die wieder einem Waschbrett glich, gegen Nachmittag in Richtung Chile. Vorbei an Lamas führte uns unser Weg immer höher und weiter in die Anden, was wieder zum bekannten Sauerstoffproblem führte und uns gepaart mit der Fahrbahnbeschaffenheit kaum noch vorankommen ließ. Kurz vor Sonnenuntergang beschlossen wir uns einen Platz zum Zelten zu suchen und die Nacht dort zu verbringen. Begleitet von eisiger Kälte und einem grandiosen Sternenhimmel merkten wir zu einer eigentlich recht frühen Uhrzeit, wie die Erschöpfung uns übermannte und wir gingen schlafen.

Der nächste Tag begann mit einem mageren Frühstück, da wir kaum noch Wasser und nur noch wenig zum Essen hatten. Wir stärkten uns mit ein paar Schokocookies die Constantin noch hatte und den Panzerkeksen aus meinem Survival Kit, was mir mein Kumpel Rüdiger zur Abreise geschenkt hatte und waren fit, um nach Chile einzureisen. Nach ca. 20 Kilometern sahen wir in einiger Entfernung eine Stadt und freuten uns, da wir hier zumindest Wasser und Benzin auffüllen konnten. Als wir jedoch in das Dorf herein fuhren, merkten wir, dass hier schon lange keiner mehr wohnte und wir in dieser Geisterstadt keine Hilfe erwarten konnten. Nach ein paar weiteren Kilometern hielten wir an, da wir uns in die falsche Richtung bewegten. Wir fuhren in Richtung der aufgehenden Sonne, Chile liegt aber westlich von Bolivien also genau in der anderen Richtung. Nach einer kurzen Lagebesprechung entschieden wir wieder ein paar Kilometer zurück zu fahren, da wir dort an einer Kreuzung vorbei gekommen waren, an der es einen Weg gab, der nach Westen führte, aber leider wieder komplett aus Sand bestand. An der Kreuzung angekommen schauten wir auf unseren Tacho und setzten uns das Maximum auf weitere zehn Kilometer. Sollte sich abzeichnen, dass wir hier auf dem richtigen Weg sind, würden wir weiterfahren, ansonsten mit dieser Tankfüllung wieder zurück zum Ausgangspunkt fahren können. Wir kämpften uns den neuen Weg entlang in Richtung Westen und standen nach weiteren anstrengenden sechs Kilometern wieder vor einer Gabelung. Es hatte keinen Sinn. Luftlinie war Chile zwar nicht mehr weit entfernt, aber die Gefahr irgendwo abseits von allem und jedem in den Anden zu stranden, war einfach zu groß. Wir drehten um und kämpften uns den gesamten Weg zurück bis nach San Juan, wo wir Benzin und neues Wasser kaufen konnten. Von dort aus fuhren wir in Richtung Süden zu einer Bahntrasse, die begleitet von einer Straße zur Grenze führen sollte. Die Bahnstrecke fanden wir, die Straße war nicht vorhanden. Lediglich eine große Weite aus Sand breitete sich vor uns aus, die am Ende von den Anden begrenzt wurde. Wir wurden auf diesem Weg immer wieder von kleineren Sandteufeln erfasst, die eine neue Komponente in den Schwierigkeitsgrad der Etappe brachten und die Moral immer weiter drückten. Als Sandteufel bezeichnet man kleinere Wirbelstürme, die nicht die Ausmaße eines Tornados haben aber durchaus Windgeschwindigkeiten von bis zu 200 km/h erreichen können und aus Sand bestehen. Am Ende der Bahnlinie, die wir als Wegweiser betrachteten, erreichten wir am Ende erneut völlig erschöpft endlich die Grenze zu unserem vorletzten Land: Chile.

12.11 – 21.11 Peru

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Peru hat wie bisher kein anderes Land sehr unterschiedliche Eindrücke bei mir hinterlassen. Als wir über die Grenze nach Tumbes kamen, erlebten wir zunächst eine sehr touristische Gegend. Auch Máncora, eine nicht allzu weit entfernte Stadt in der wir uns für die Nacht niederließen, machte durch die schönen Strände und das idyllische Bild von Fischerbooten vor der Küste einen ähnlich einladenden Eindruck. Hier hatten wir auch das erste Mal ein peruanisches Gericht, welches sich aufgrund seiner Beliebtheit ebenfalls weiter in den südlichen Ländern verbreitet hat: „Ceviche“. Im Wesentlichen wird hierbei kleingeschnittener roher Fisch in Limettensaft mariniert, was eine Denaturierung des Eiweißes zur Folge hat, also dem Fisch eine Struktur verleiht, als hätte man ihn gekocht. Mit Zwiebeln und Chili schmeckt das wirklich ausgezeichnet. Am nächsten Tag ging es bei 38° C wieder aufs Motorrad und im Eiltempo in Richtung Süden, da unser Besuch ebenfalls schon in Peru angekommen war.

Den Weg, den wir die nächsten zwei Tage bis südlich von Lima zurücklegten, hat wiederum ein sehr unschönes Gefühl in mir aufkommen lassen. Weg vom Tourismus fuhren wir knapp 1.200 km durch ein Landschaftsbild aus Sand, extremer Armut und Müll. Der Müll lag allerdings nicht nur am Straßenrand, sondern wurde durch den Wind überall herum geblasen und dadurch, dass ein Großteil des Mülls einfach verbrannt wurde, stank es jedes Mal, wenn man sich einem besiedelten Gebiet näherte, unbeschreiblich. Irgendwie hatte ich zu dem Zeitpunkt das Gefühl, dass ich Peru liebend gerne direkt wieder verlassen würde. Der Kontrast zu Ecuador und die Erwartung an ein bergiges Land mit grandiosen Inkaruinen (Machu Picchu) hat so gar nicht zu dem gepasst, was wir hier vorfanden und zum wiederholten Mal spürte ich auf der Reise hautnah, dass es Orte auf dieser Welt gibt, an denen die Lebensumstände wirklich katastrophal sind und trotzdem ist dies für viele Menschen alltägliche Realität. Trotzdem begegnete man uns auch inmitten dieser Orte wieder mit außerordentlicher Gastfreundschaft. Am prägnantesten ist mir in Erinnerung geblieben, wie wir durch Trujillo irrten und nach einem Weg aus der Stadt in Richtung Cusco suchten. Nachdem wir an einer Ampel einen Taxifahrer nach dem Weg fragten, muss dieser per Funk an seine Kollegen durchgegeben haben, dass zwei Motorradfahrer Hilfe bei der Navigation benötigen, da auf einmal an allen Ecken Menschen aus gelben Autos heraus in bestimmte Richtungen zeigten, uns Cusco zuriefen und mit nach oben gerichteten Daumen zujubelten.

In der Stadt Mórrope ist uns ebenfalls wieder sehr viel Begeisterung entgegengeschlagen. Wir hatten dort in einem kleinen Restaurant ein landestypisches Mittagessen bestellt, ohne zu wissen was uns erwartet und bekamen als Vorspeise Ceviche, als Hauptgang Ziege und als Getränk Chicha. Chicha ist ein auf Mais basiertes Bier, welches schon zu Inkazeiten getrunken wurde, mir allerdings nur mäßig geschmeckt hat. Erst Tage später haben wir erfahren, dass ein elementarer Teil des (traditionellen) Herstellungsprozesses Speichel ist. Traditionsgemäß werden alle Zutaten verkocht, von Frauen ein Teil der Masse gekaut und wieder zurück in den Gärbehälter gegeben. Die im Speichel enthaltene Amylase ist dabei für die Umwandlung der Maisstärke in Zucker verantwortlich, welcher die Grundvoraussetzung für eine Gärung bildet. Nachdem wir fertig waren mit Essen, wollten die Besitzer unbedingt ein Foto mit uns machen und holten für das spontane Fotoshooting extra den Dorffotografen. Ganz stolz erklärte man uns, dass sie vor ein paar Jahren auch von Schweizern besucht worden wären und wir nächsten Monat ebenfalls als Poster an der Wand hängen würden. Der nächste Fototermin wartete auf uns als wir zufällig an einer Tankstelle die peruanischen Schlagergrößen von „Los Villacorta“ trafen, die uns, nachdem sie hörten was wir machen, jeweils eine CD schenkten und ebenfalls ein Foto mit uns machen wollten. Ich weiß nicht, ob die umstehenden Passanten, die ihr Handy ebenfalls für ein Foto zückten eher uns oder die Musiker fotografieren wollten, ich gehe aber mal davon aus, dass es ein Mix aus beidem gewesen sein muss.

Da wir von Lima gehört hatten, dass es zwar ein paar wenige schöne Ecken hat, aber durchaus spannendere Städte in Peru gibt und wir uns beeilen mussten, um unseren Besuch zu erwischen, nutzten wir die späte Stunde aus, in der wir die Stadtgrenze erreichten, fuhren bei mäßigem Verkehr einfach durch und übernachteten ein paar Kilometer weiter südlich.  Nachdem wir am nächsten Tag durch unzählige Kilometer Wüstenlandschaft gefahren waren, kamen wir in die Nähe der Stadt Nazca, wo die bekannten und gleichnamigen Linien im Wüstenboden vorzufinden sind. Diese Linien bilden Figuren, von denen die ältesten bereits seit 800 v. Chr. existieren. Ursprünglich dachten wir, dass man die Figuren nur aus dem Flugzeug oder von einem Berg aus sehen kann, fuhren dann aber an einem Aussichtsturm vorbei von dem aus man die beiden Bilder „Hände“ und „Baum“ anschauen kann. Um den Turm besteigen zu dürfen, muss man sich in einer Art Gästebuch eintragen und wer stand vier Zeilen über uns? „Wolfgang Dähn“ und „Peter Zey“, unsere Väter. Eigentlich wollten wir uns erst in Cusco mit den Beiden treffen, aber wir waren etwas schneller als erwartet. Nachdem wir uns die Linien angeschaut hatten, fuhren wir in die Stadt und zufälligerweise direkt in die richtige Straße, wo unsere Väter gerade auf der Suche nach einem Restaurant zum Abendessen durchliefen. Nachdem wir uns begrüßt und im gleichen Hotel eingecheckt hatten, schlossen wir uns an und tauschten beim gemeinsamen Abendessen jeweils unsere bisherigen Erfahrungen der Reise aus.

Bevor wir uns am nächsten Morgen vorübergehend wieder voneinander verabschiedeten, nahm ich noch mein Mitbringsel aus Deutschland in Empfang. Mein Vater hatte mir sechs Marzipanriegel mitgebracht. Stark!! Unsere Väter fuhren danach wieder zurück nach Lima, um von dort aus nach Cusco zu fliegen und wir machten uns auf eine zweitagestour über die Anden zu unserem gemeinsamen Ziel. Auf einer Strecke, die ca. 4.000 Metern über dem Meeresspiegel verläuft, wurden die Probleme, die wir vorher schon mit dem Motorrad in Ecuador hatten, nochmal deutlich stärker, sodass Constantin mit seiner Honda zweitweise nur im ersten Gang und unter großer Anstrengung des Motors mit max. 25 KM/h fahren konnte. Diese Langsamkeit hatte allerdings auch etwas für sich, da man deutlich mehr von der Umwelt sieht. Unter anderem haben wir so unsere erste Bekanntschaft mit frei lebenden Vicuñas, Alpakas und Lamas gemacht. Alle drei Tiere sind miteinander verwandt, leben in den Anden, unterscheiden sich aber in ihrer Größe, ihrem Verhalten und von der Art ihres Fells. Das Fell der Vecuñas gilt als das weichste und seltenste der Welt. Alle zwei Jahre werden in den peruanischen Anden in einer traditionellen Scherzeremonie die Tiere in Gatter getrieben, um die Wolle zu entfernen und zu Kleidung zu verarbeiten. Auch sonst merkt man, dass in den Bergen eine komplett andere Art zu leben vorherrscht  als im durch Wüste geprägten Norden des Landes. Gerade die Frauen tragen überwiegend noch traditionelle Kleidung und je nach Art  kann man beispielsweise erkennen, ob sie zur Volksgruppe der in der Andenregion lebenden Quechua gehören (siehe unterschiedliche Hüte in den Bildern). Handwerkliche Arbeiten, Landwirtschaft und das Leben im Einklang mit der Natur hat hier scheinbar eine deutlich höhere Bedeutung als im Norden und langsam wurde die ursprüngliche Vorstellung, die ich von Peru hatte bestätigt.

Nach einer gefühlten Ewigkeit in großer Höhe ging es irgendwann wieder bergab, der Sauerstoffgehalt wurde wieder höher und sowohl wir, als auch unsere Motorräder konnten wieder leichter atmen. Nach einer Übernachtung in der Stadt Abancay fuhren wir am nächsten Tag weiter nach Cusco, wo unsere Väter bereits morgens angekommen und gerade dabei waren die Stadt zu erkunden. Wir checkten ebenfalls im Hotel ein, suchten für die folgenden Tage einen Stellplatz für unsere Motorräder und ruhten uns zunächst von der Fahrt aus, um später zu viert Essen zu gehen. Vorher besuchten wir noch gemeinsam die Kathedrale von Cusco. Das Gemälde des letzten Abendmahls (Link zum Bild) gab bereits einen bildhaften Eindruck von einer der Andendelikatessen. Laut dieser Interpretation stand auf dem Speiseplan für Jesus und seine Jünger nämlich „Cuy“, im Deutschen besser bekannt als Meerschwein. Mein Vater und ich folgten dem Beispiel und bestellten uns eine Platte mit lokalen Delikatessen. Gereicht wurde Meerschwein, Alpaka, Forelle und Rind, die wir begleitet von traditioneller Andenmusik zu uns nahmen. Alpaka hat mir sehr gut geschmeckt. Das Meerschwein hat einen eher strengen Geschmack, der durchaus okay ist, aber sicher nicht zu meinen Favoriten zählt.

Am nächsten Tag wurden wir morgens um acht abgeholt und zu unserem ersten Ziel an diesem Tag gebracht. Dem Santuario Ccochahuasi (link). Diese Auffangstation für Tiere liegt genau zwischen Cusco und Písac und kümmert sich entweder um nicht (mehr) gewollte Haustiere, wie im Müll gefundene Schildkröten oder Tiere, wie zwei Pumas, die mit Drogen vollgepumpt als Attraktion in einem Nachtclub gehalten und nach einer Anzeige durch die Polizei befreit wurden. Das Ziel ist diese Tiere, sofern sie nicht zu verstört oder unheilbar verletzt sind, nach ihrer Genesung wieder freizulassen. Das „größte“ Highlight und ein weiteres Ziel des Santuarios ist allerdings der Einsatz zum Erhalt gefährdeter Arten wie dem Andenkondor. Mit einer Spannweite von ca. drei Metern ist dieser Vogel absolut beeindruckend. Leider werden sie nach wie vor gejagt und die langen weißen Federn für mehrere tausend Dollar auf dem Schwarzmarkt verkauft.

Die nächste Station führte uns nach Písac, eine Stadt die das heiligen Tal (Valle Sagrado) im Norden markiert und am Fluss Urubamba liegt. Berühmt ist die Stadt unter anderem für den großen Markt, auf dem traditionelle Güter aus der Andenregion verkauft werden sollen. Durch die Touristenströme, die hier täglich durchkommen hat sich der Markt aber meiner Meinung nach dahingehend verändert, dass überall überwiegend das gleiche Verkauft wird: Souvenirs und Klamotten aus Alpakawolle. Daher hielten wir uns hier auch nur sehr kurz auf und fuhren entlang des Urubamba weiter nach Süden in die Inkastadt Ollantaytambo, die den südlichsten Punkt des heiligen Tals markiert und noch immer bewohnt wird. An einem der angrenzenden Felsen befindet sich ein großer Komplex der Inka, der früher unter anderem dazu genutzt wurde, auf Terrassen Lebensmittel anzubauen, zu lagern und in dem sich im oberen Teil sowohl spirituelle als auch militärisch genutzte Gebäude befinden. In der gleichen Stadt befindet sich auch die Zughaltestelle, die zu unserem eigentlichen Ziel für diesen Tag führte: Aguas Calientes, Ausgangspunkt zur Besichtigung der Ruinenstadt, des Weltkulturerbes und Highlights „Machu Picchu“. Die Stadt wurde im 15. Jahrhundert auf 2.360 Metern erbaut, konnte bis zu 1.000 Menschen beherbergen und hat noch heute eine aus der damaligen Zeit voll funktionsfähige Wasserversorgung. Als wir dort am nächsten Morgen zur Besichtigung ankamen, war es zunächst sehr bewölkt und neblig, was der Stadt eine noch mystischere Aura verlieh, als sie sowieso schon hat. Gegen frühen Vormittag waren alle Wolken verschwunden und wir konnten die Stadt bei perfektem Wetter erkunden, bis es am Nachmittag mit dem Zug wieder zurück nach Cusco ging.

Unsere Väter reisten am nächsten Tag schon wieder relativ früh in Richtung des Titicacasees ab. Wir hingegen genossen noch etwas die Annehmlichkeit mal in einem „richtigen“ Hotel zu übernachten und machten uns erst am späten Vormittag auf den Weg. Bevor wir Cusco jedoch komplett verließen, suchten wir noch jemanden, der Öl entsorgen konnte und führten einen Ölwechsel durch, um unsere Motorräder fit für die letzte große Etappe in Richtung Feuerland zu machen. Der Weg zwischen dem auf 3.416 Meter liegenden Cusco und unserem Ziel Puno, welches am Titicacasee auf 3.800 Metern liegt, führte uns über den Bergpass „Abra La Raya“ auf 4.338 Metern, was wieder mal zu den altbekannten Problemen mit der Sauerstoffversorgung der Motorräder führte, die sich anders als wir leider nicht an die Höhe gewöhnt hatten. Trotzdem kamen wir ohne größere Zwischenfälle in Puno bei unseren Vätern an. Aufgrund der fortgeschrittenen Zeit gestaltete sich der Abend eher Ereignislos. Am nächsten Tag fuhren wir wieder getrennt voneinander ab und hatten geplant uns erst zwei Tage später wieder in La Paz zu treffen.  Unser Weg führte uns um den See herum und an die Grenze zu unserem nächsten Land der Reise: Bolivien.

Am Ende wieder das Essen: