Monthly Archives: Januar 2016

Die letzten Tage in Buenos Aires und ein Resümee der Reise

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Ich möchte meinen letzten Artikel nutzen, um noch eine kurzen Bericht über Buenos Aires zu schreiben und ein Resümee der gesamten Reise zu geben.

Buenos Aires ist eine wirklich tolle Stadt, die uns noch ein paar sehr nette Tage zum Abschluss beschert hat. Da es in der Stadt eine sehr lasche Gesetzgebung bezüglich Graffiti und Street Art gibt, strotzt die ganze Stadt nur so von beeindruckenden Bildern und lässt sie so unglaublich bunt werden. Es gibt in der Stadt aber nicht nur tolle Bilder sondern auch eine beeindruckende Buchhandlung. Das „El Ateneo Grand Splendid“ ist ein ehemaliges Theater welches 1919 eröffnet und im Jahr 2000 in die heute Buchhandlung umgewandelt wurde. Neben der Kultur hat Buenos Aires aber auch sehr tolles einheimisches und überregionales Essen zu bieten. Neben dem „klassischen Steak“, welches wir im angeblich besten Steakhaus von Buenos Aires gegessen haben,  wurden wir von ein paar Venezolanern in deren Restaurant eingeladen, wo uns von ihnen typische Köstlichkeiten aus Venezuela zubereitet wurden. Sehr lecker!

Glück im Unglück hatte ich bezüglich meines Motorrades. Seit Mitte Dezember war ich auf der Suche nach diversen Möglichkeiten, was ich mit meiner BMW machen kann. Aufgrund der Feiertage hat sich die Suche allerdings deutlich schwieriger gestaltet, da ich nur sehr schleppend Angebote über einen Rücktransport erhalten habe bzw. Infos ausfindig machen konnte,  wie die rechtliche Lage bzgl. des Verkaufs in Argentinien aussieht. Das erste Angebot, welches ich über einen Rücktransport erhielt, war mir deutlich zu teuer und außerdem fand ich sehr schnell jemanden, der starkes Interesse an dem Motorrad hatte und es mir zu einem sehr guten Preis abkaufen wollte. Leider wusste ich zu diesem Zeitpunkt nicht, dass der Verkauf eines gebrauchten Fahrzeugs aus dem Ausland in Argentinien nahezu unmöglich ist. Auch die Tatsache, dass der Interessent Roman offiziell Italiener ist, hat uns nicht dabei helfen können das Eigentum an dem Motorrad sauber zu übertragen. Einen Großteil meiner Zeit in der Stadt habe ich damit verbracht von Behörde zu Behörde zu laufen, um einen Weg zu finden das Motorrad doch irgendwie verkaufen zu können… Erfolglos. Das Problem ist, dass in Argentinien (die gleiche Gesetzgebung findet man auch in den umliegenden Ländern) kein gebrauchtes Fahrzeug aus dem Ausland angemeldet werden darf. Ich habe das Motorrad temporär importiert und ich muss nach jetzigem Stand höchstpersönlich nach spätestens acht Monaten inklusive des Motorrads wieder ausreisen. Leider habe ich diese Information erst viel zu spät erhalten, sodass mein Motorrad jetzt immer noch in Buenos Aires auf mich wartet. Der große Vorteil ist allerdings, dass ich nun genügend Zeit habe, alles für einen Rücktransport vorzubereiten, das Motorrad kostenlos bei Roman geparkt ist und es schlimmeres gibt, als nochmal nach Argentinien zu müssen 😉

Und das Essen:

Resümee

Wer den ersten Artikel der Reise gelesen hat, weiß dass wir in Alaska mit einer größeren Verspätung ankamen als gedacht und eigentlich am Flughafen hätten übernachten müssen, weil wir nicht an unsere Motorräder gekommen wären. Aber schon in den ersten Minuten trafen wir jemanden von Homeland Security, der für uns eine Extraschicht einlegte und somit einen reibungslosen Start unserer Tour ermöglichte. Diese enorme Gastfreundschaft, die wir hier bereits am ersten Tag erlebten, setzte sich in den kompletten USA fort. Sicherlich mehr als Hilfreich war der Fakt, dass Constantin und ich der englischen Sprache mächtig waren. Dadurch bekamen wir die Möglichkeit wirklich richtige Gespräche mit den Leuten zu führen, die uns meist auf unser Gepäck ansprachen. Was natürlich schon vorher klar war, ist mir dadurch nochmals vor Augen geführt worden: Eine Sprache zu sprechen hilft beim Reisen enorm und eröffnet einem deutlich mehr Möglichkeiten als ohne. Aber auch wenn der Kontakt zu den einzelnen Personen für mich einen der Hauptbestandteile der Reise ausmachte, gab es natürlich in jedem Land auch atemberaubende Landschaften, interessante Tiere oder exotisches Essen. Diese Dinge sind auch ohne Sprachkenntnisse erlebbar und genau das passierte, als wir nach Mexiko kamen. Es war wirklich ein Segen, dass wir in Tijuana bei Erik und Arturo sein konnten. Sie nahmen uns das unangenehme Gefühl, welches uns bis dahin bei dem Gedanken an Lateinamerika begleitete, da wir in den USA immer wieder gehört hatten, wie gefährlich es doch in Mexiko und dem weiteren Mittel- und Südamerika werden würde. Außerdem spricht Arturo perfekt Englisch, logischerweise auch perfekt Spanisch und hatte sichtlich Freude daran, uns im Alltag ein paar „Spanischstunden“ zu geben. Im weiteren Verlauf durch Mexiko merkten wir, dass die sprachliche Barriere durchaus dazu beitrug, dass wir weit weniger Einladungen zum Übernachten oder ähnlichem bekamen, schlicht weil wir die Leute nur mäßig verstanden und nur sehr eingeschränkt mit ihnen kommunizieren konnte. Mexiko bietet allerdings so viel, dass man dieses wahnsinnig tolle Land auch ohne Spanischkenntnisse genießen kann. Außerdem machten wir hier eine Erfahrung, die sich ebenfalls auf der gesamten Tour fortsetzte, die aber leider im nördlichen Teil des Kontinents etwas anders gesehen wird: Nicht jeder Mensch ist böse. Ganz im Gegenteil: Auch dort wurde uns, soweit es die Sprache zuließ, nach bestem Bestreben geholfen, wenn wir ein Problem hatten und mit zunehmendem Spanisch lernten wir im Verlauf der Reise auch wieder mehr Leute kennen, mit denen wir tolle Gespräche führen und eine schöne Zeit verbringen konnten. Das Problem ist einfach, dass sich bei nahezu allen Personen, die uns im Vorfeld gewarnt hatten, auf Nachfrage herausstellte, dass diese selbst nie in den jeweiligen Ländern waren, vor denen wir uns in Acht nehmen sollten. Sie hatten lediglich durch Erzählungen Angst bekommen und verbreiteten diese Angst wiederum durch Mundpropaganda weiter. Dabei ist gerade das Unbekannte das gewesen, was mich an dieser Reise immer am meisten gereizt hat. Ich kann daher wirklich jedem nur empfehlen, lediglich auf Leute zu hören, die selbst Erfahrung mit einzelnen Gebieten oder Menschen gemacht haben. Besser ist es jedoch seine eigenen Erfahrungen zu machen. So hatte mein Freund Arne, der uns in Santiago besuchte beispielsweise deutlich weniger Glück als wir. Nach zwei Tagen wurde er bereits in einem Taxi ausgeraubt. Er selbst hat aber dazu gesagt, dass dies seiner damaligen Freundin in seiner Wahlheimat Berlin auch passiert sei und daher kein Grund ist, die Tat eines Einzelnen auf das ganze Land zu beziehen. Es gibt natürlich überall auch schlechte Menschen, mir hat die Reise allerdings gezeigt, dass die Anzahl derer deutlich von den guten und hilfsbereiten Menschen überstiegen wird. Zur falschen Zeit am falschen Ort kann eben bedeuten, dass man ein paar Euro ärmer ist. Diese persönliche Erfahrung, die uns (Kopieren der Kreditkarte mal ausgenommen) glücklicherweise erspart blieb, ist allerdings auch etwas was man in einer anderen Art auf die gesamte Reise übertragen kann: Die gesamte Reise und alles was ich hier im Blog geschrieben habe, spiegelt lediglich meine persönliche Erfahrung wider. Ich wurde schon einige Male gefragt, was ich von der Reise am ehesten empfehlen kann. Ich nehme bewusst zwei Beispiele, um zu verdeutlichen, wieso ich darauf kaum etwas antworten kann: Den Full Throttle Saloon in Strugis und die Überfahrt mit dem Motorrad auf der Stahlratte. Der Full Throttle Saloon war die größte Bikerbar der Welt, ist zwei Wochen nachdem sich über eine Millionen Motorradfahrer in Sturgis eingefunden hatten aufgrund eines Kabelbrands komplett abgebrannt und existiert daher nicht mehr. Vor drei Wochen erhielten wir über Facebook die Nachricht, dass Cartagena die Bestimmungen bezüglich der Einreise von Motorrädern geändert hat, was zur Folge hat, dass keine Motorräder mehr über den Seeweg eingeführt werden dürfen, wie wir es gemacht hatten. Sowohl das Motorradtreffen in Sturgis als auch Motorradfahrer, die von Norden nach Süden fahren und eine Möglichkeit suchen, ihr Motorrad von Panama nach Kolumbien zu transportieren wird es weiterhin geben, aber eben nicht diese beiden Optionen. Es kommt also auf so viele Gegebenheiten an, dass es mir mittlerweile als falsch erscheint, einzelne Dinge der Reise zu empfehlen, ohne dass ich weiß wie eine Person reist, was die Person sehen will, wie viel Zeit sie hat etc. Letztendlich waren die spannendsten Momente der Reise die, in denen unvorhergesehene Dinge passierten. Das war, was die Reise letztendlich ausmachte und von einem normalen Urlaub unterscheidet. Innerhalb von 6,5 Monaten entwickeln sich so viele Facetten, die alle ihr eigenes Highlight hatten, dass mir in jedem Land mehrere verschiedene Dinge einfallen, wieso ich genau dieses Land empfehlen könnte. Gegen Ende mit jedem Moment damit rechnen zu müssen, dass ein Elektronikfehler das Motorrad wieder mitten im Nirgendwo stehenbleiben lässt, war beispielsweise etwas, was ich in einem normalen Urlaub nicht unbedingt haben wollte, auf der Reise aber mit zu den Dingen gehört, die es zu etwas spannendem werden ließen. Ich habe während der Zeit durch solche Vorkommnisse erlebt, dass man schon irgendwie eine Möglichkeit findet, um weiterzukommen und einfach positiv und erfinderisch in die Zukunft blicken muss. Daher ist auch die Frage, was mir am besten an der Reise gefallen hat, schlicht nicht zu beantworten. Der Weg von Alaska nach Argentinien ist ein zusammenhängendes Projekt gewesen und hatte zu jederzeit etwas, was die Reise zu dem werden ließ, was sie letztendlich war. Dazu zählten auch die eher unschönen Dinge, die wir sahen. Extreme Armut, Städte, die im Müll versanken, Drogenabhängige und ein anderer Motorradfahrer, der die gleiche Tour wie wir machte, aber leider aufgrund eines schweren Unfalls in Kolumbien verstarb, führten mir immer wieder vor Augen, wie glücklich ich mich schätzen kann, dass ich gesund bin und abgesehen von der Möglichkeit diese Tour überhaupt machen zu können auch sonst ein Leben führen kann, wie ich es mir vorstelle. Leider gibt es zu viele Menschen auf der Welt, die diese Möglichkeit nicht haben…

Zwei Dinge möchte ich hier in jedem Fall hervorheben, die mir die Reise wirklich sehr angenehm gemacht haben. Mein Anzug der „Touratech Compañero“ ist auf der Reise zu einer Art zweiten Haut für mich geworden. Da wir fast jeden Tag mit dem Motorrad unterwegs waren, hatte ich auch den Anzug fast jeden Tag an und egal ob es kalt war, geregnet hat, gestürmt hat oder über 40°C heiß war, der Anzug hat bei jedem Wetter genau das geboten, was ich als Fahrer benötigte. Zur Sicherheit kann ich erfreulicherweise nichts sagen, da ich keinen Unfall hatte. Das Sicherheitsgefühl, das der Anzug vermittelt, ist aber auch nach knapp über 45.000 Kilometern immer noch sehr positiv. Außerdem ist der Anzug wirklich unglaublich bequem. Teilweise bin ich daher auch selbst nach unserer Ankunft am Zielort noch in den Klamotten geblieben und habe ihn nur zum Schlafen abgelegt. Da das Material zudem Mückendicht ist, hatte ich in Alaska einmal die Idee in dem Anzug zu schlafen, muss aber davon abraten, weil die Grenzen des Komforts hier aufgrund der Protektoren doch überschritten werden. Alles in allem bekommt man für sein Geld ein hervorragendes Teil.

Als zweites möchte ich die Betreuung durch meine Naspa Bankberaterin Emine Özaslan hervorheben, auf die ich jederzeit zählen konnte. Mir wurde in den USA leider die Kreditkarte kopiert und während wir in Tijuana waren, habe ich angeblich in New York eingekauft. Ich hatte natürlich eine zweite Karte für den Notfall dabei, allerdings musste das Limit so schnell wie möglich angehoben werden, da aufgrund der gesperrten Hauptkarte nun alles über diese Karte lief. Die neue Karte wurde mir ebenfalls schnell zugestellt und ob ich nun eine Überweisung tätigen musste oder aufgrund eines Problems in meinem online Account eine schnelle Umsatzauskunft brauchte, ich konnte mich immer auf Emine verlassen. Selbst während sie krankgeschrieben war, hat sie trotzdem alles eingeleitet, sodass unverzüglich alles durch ihren Vertreter Sascha Lippert erledigt wurde. Persönlich würde ich auf solch einer Reise aber zukünftig nicht nur mit zwei Master Cards losziehen, sondern auch eine Visa oder EC mitnehmen, für alle Fälle.

Den letzten Part möchte ich meinem Reisegefährten Constantin widmen, da ich auch diesbezüglich extrem unterschiedliche Meinungen im Vorfeld und auch während der Reise gehört habe. Personen, die eine Reise mit mehreren Personen (auch mit Freunden) starteten und nach kurzer Zeit schon nicht mehr miteinander klar kamen, sodass sie sich trennten und alleine weiterreisten. Ich hatte im Vorfeld aufgrund dessen immer wieder mal Bedenken, ob wir es schaffen würden die komplette Reise gemeinsam durchzustehen oder ob auch wir irgendwann einfach genug voneinander haben würden. Komplett unterschiedliche Herangehensweisen an die Planung und etwas unterschiedliche Erwartungshaltungen an die Reise machten das Gefühl nicht unbedingt besser. Aber auch hier hat sich bewährt, dass wir uns einfach beide locker gemacht haben und daher so gut wie nie aneinander gerieten. Nicht nur, dass es einige Dinge vereinfacht hat zu zweit zu reisen, war es einfach zu jederzeit toll einen guten Freund dabei zu wissen und diese grandiose Erfahrung zu teilen. Da somit für mich auch Constantin ein Teil der Reise war, würde ich sie jederzeit auch wieder gemeinsam mit ihm machen.

Abschließend möchte ich auch denen Danken, die hier im Blog mitgelesen haben und den vielen Leuten, die mir geschrieben haben und teilweise wirklich gute Tipps gegeben haben. Ich war tatsächlich ziemlich baff, dass weit mehr Personen, als ich erwartet hatte, auf meiner Seite waren. Ich hoffe, dass zumindest ein paar Leute, die sich vorher nicht getraut hätten, dadurch den Mut finden, auch einfach mal den Schritt zu gehen und für eine längere Zeit zu reisen. Es gibt einem so viel mehr, als man dadurch verlieren könnte.

13.12 – 25.12 Patagonien und Feuerland

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Seit wir die ersten Vulkane auf unserer Reise sahen, haben sie mich begeistert. In Santiago hatten wir von Paulina einige interessante Ziele mitgeteilt bekommen. Eines war der aktive und besteigbare Vulkan Villarrica in Pucón in dessen Krater man nachts das Glühen der Lava sehen kann. Daher war unser erstes Ziel in Patagonien einen weiteren aktiven Vulkan (den letzten sahen wir in Ecuador) zu sehen. Leider fing es ca. 30 Kilometer vor der Stadt an zu regnen und die Sicht verschlechterte sich zunehmend, je weiter wir uns Pucón näherten, sodass man von einem Vulkan weit und breit nichts erahnen konnte. Da es schon spät war, entschieden wir uns trotzdem in der Stadt zu bleiben und buchten uns in ein Hostel ein. Als wir in das Haus eintraten, sahen wir direkt das beherrschende Thema: Der Vulkan. Nach einem kurzen Gespräch mit dem Eigentümer und nach einem Blick auf die Wettervorhersage war klar, dass auch am nächsten Tag weder mit guter Sicht noch mit der Möglichkeit einer Besteigung zu rechnen war und auch für den Tag danach sah es übel aus. Wir beschlossen trotzdem erstmal zu warten und vielleicht doch mit Glück zumindest einen Blick auf den Vulkan zu erhaschen. Am nächsten Tag sah es aber nochmals deutlich schlimmer aus und wir überlegten doch einfach weiter zu fahren, allerdings sagte uns die Wettervorhersage, dass es zwei Tage später wolkenlos werden sollte und wir buchten „Auf Gut Glück“ eine Besteigung zum Gipfel. Tatsächlich war das Wetter auf unserer Seite und morgens um 6:30 ging es zum Fuße des Vulkans. Bepackt mit Eispickel, Steigeisen, wasserdichten Anzügen und mit einem dieser Schlitten aus Plastik mit Griff, die an eine Art Matte erinnern, wanderten wir zunächst einen Pfad entlang, von dem aus man den gesamten Vulkan eindrucksvoll vor sich aufragen sah. Nach ca. einer halben Stunde erreichten wir die Schneegrenze und unser Bergführer bedeutete uns, dass es nun Zeit sei die Steigeisen anzuziehen und den Eispickel vom Rucksack zu nehmen. Durch den enormen Niederschlag der vorherigen Tage waren viele Stellen des Berges stark vereist und durch das enorme Gefälle, gaben die Steigeisen bei jedem Schritt eine gute Sicherheit. Die erste größere Pause machten wir bei einem Betongebilde, welches eine ehemalige Skiliftstation war, die bei einem Ausbruch 1971 weitestgehend zerstört wurde. Bevor es weiterging erklärte uns der Bergführer, dass wir ab nun sehr eng zusammenbleiben sollten und möglichst jeder in die Fußstapfen seines Vorgängers treten sollte, um nicht versehentlich auf eine Eisplatte zu geraten und abzurutschen. Nach knapp vier Stunden war es geschafft. Wir standen am Krater des 2.847 Meter hohen Vulkans und genossen die Aussicht und schauten den aus dem Krater aufsteigenden Rauchwolken zu. Überall verstreut lag schaumartig erstarrtes Lavagestein, welches durch das Blubbern im Krater entsteht, hin und wieder ausgeworfen wird und dann in der Kälte direkt erstarrt. Nach einer kurzen Zeremonie, in der jeder einen Schluck aus einer mitgebrachten Flasche Wein nahm, „Pachamama“, der Mutter Erde, für den geglückten Aufstieg dankte und ihr ebenfalls einen Schluck gab, indem wir diesen auf den Boden schütten sollten, beendeten wir unseren Aufenthalt auf dem Gipfel. Der Weg nach unten gestaltete sich deutlich entspannter als der Aufstieg. Eigentlich sollte schon nach ein paar hundert Metern der Schlitten ausgepackt und den Hang des Vulkans herunter gerutscht werden. Leider hatten die Bergführer bedenken, bzgl. der vereisten Flächen und so mussten wir noch ein wenig warten, bis wir den restlichen Weg im Eiltempo auf den Plastikdingern zurücklegten.  Auf halber Strecke machte uns einer unserer Bergführer auf ein Wetterphänomen aufmerksam. Ein Ring, der sich um die Sonne herum bildete. Ich habe dazu etwas im Internet geforscht. Das Phänomen, welches wir gesehen haben nennt man 22° Ring und ist ein Lichteffekt, der durch Eiskristalle in 8 – 10 Kilometern Höhe entsteht (Wikipedia: Halo). Eine tolle Erfahrung und einen mächtigen Sonnenbrand im Nacken und im Gesicht reicher, endeten unsere Besteigung und auch unser Aufenthalt in Pucón. Am nächsten Morgen ging es weiter in Richtung Süden.

Ursprünglich hatten wir aufgrund der Empfehlung von Matías geplant im Osten die Ruta 7 zu nehmen. Allerdings entschieden wir uns aufgrund der vielen nötigen Fährfahrten dagegen und bogen bei Puerto Montt in Richtung Westen auf die Insel Chiloe ab. Wir hatten kurz vorher an einer Tankstelle nach den Kosten und den Zeiten der Überfahrten gefragt und aufgrund der ebenfalls vielversprechenden Landschaft, die uns vom Tankwart angepriesen wurde und des schnelleren Vorankommens dafür entschieden. Nach einer kurzen Fährfahrt auf die Insel und ein paar weiteren Kilometern entlang der nördlichen Küste kamen wir in der Stadt Ancud an, wo wir uns in ein Hostel einmieteten und im Internet nach den Abfahrtszeiten der langen Fährfahrt vom Süden der Insel zurück aufs Festland erkundigten. Einmal pro Woche und die Abfahrtszeit war vor 2 Stunden… Sehr gut! Nach einem kurzen Gespräch mit anderen Gästen des Hostels war klar, dass wir nur zwei Möglichkeiten haben. Entweder fahren wir zurück bis nach Puerto Montt und biegen dort auf die Ruta 7 ab oder wir fahren bis zum Süden der Insel, den wir locker in einem Tag erreicht hätten und warten dort eine Woche. Wir entschieden uns für Option A und fuhren am nächsten Tag den gesamten Weg wieder zurück. Das kurze Stück was wir von der Insel gesehen hatten war zwar durchaus schön, kann aber keineswegs mit der Landschaft im Osten entlang der Ruta 7 mithalten, weshalb ich im Nachhinein auch sehr froh bin, dass wir diesen Weg einschlagen mussten. Uns erwartete eine Mischung aus einer Fjordlandschaft, wie sie in Norwegen anzutreffen ist, eines Urwaldes, der etwas an Mittelamerika erinnerte und schneebedeckten Bergen.

Je weiter wir allerdings nach Osten in Richtung Argentinien fuhren, desto kahler wurde die Landschaft und nachdem wir die Grenze übertreten hatten, war von der malerischen Landschaft Chiles nichts mehr zu sehen. Wir waren wiedermal im Nichts angekommen. Allerdings hatten wir in dieser kargen Landschaft trotzdem Glück, da sich immer wieder neue Tiere blicken ließen. Als erstes lief ein Gürteltier über die Straße, welches sich, bis wir angehalten hatten, aber bereits vor uns versteckte. Der Größe nach zu urteilen, war es noch recht jung und hat sich wahrscheinlich aufgrund fehlender Erfahrung auch nach dem Motto „Wenn ich euch nicht sehe, seht ihr mich auch nicht“ versteckt. Außerdem sind uns einige Nandus (eine dem Strauß ähnelnde Laufvogelart) und Guanakos (die Urform des Lamas, sehr ähnlich dem im Norden lebenden Vi­cu­ñas) immer wieder über den Weg gelaufen. Da wir trotzdem so schnell wie möglich aus dieser Öde herausfahren wollten, fuhren wir deutlich längere Distanzen und hatten geplant schon nach zwei Tagen wieder in Chile einzureisen. Zur Erklärung: Chile ist im Süden so stark zerstückelt, dass hier auf dem Landweg keine Möglichkeit besteht bis in den Süden zu reisen, daher muss man einen kurzes Stück durch Argentinien fahren und kann erst weiter im Süden wieder zurück nach Chile.

Als wir knapp 70 Kilometer vor La Esperanza anhielten, um aufgrund der extrem niedrigen Temperaturen noch eine weitere Schicht Kleidung anzuziehen, machte mein Motorrad unsere Planung allerdings kurzfristig zunichte. Es sprang nicht mehr an. Ich hatte keine Ahnung was los war und wir tippten darauf, dass vielleicht der Anlasser einen Schlag hat. Aber auch Anschieben brachte nichts. Als wir so am Straßenrand standen, hielt auf einmal der Spanier Alejandro mit seinem Motorrad neben uns und wir gingen zu dritt auf Fehlersuche. Leider ohne Erfolg. Ich hatte glücklicherweise ein Abschleppseil dabei, was nun nach fast sechs Monaten aus den Tiefen des Gepäcks zum Einsatz kam und Constantin schleppte mich mit seiner Transalp bis nach La Esperanza, wo wir auf einen Mechaniker hofften. Stattdessen wartete dort bereits Alejandro, der uns erklärte, dass die hiesige Tankstelle kein Benzin mehr hätte und voraussichtlich auch in den nächsten 2 Stunden kein neues bekommen würde. Da wir nun also sowieso Zeit hatten, aßen wir erstmal zu Mittag und machten uns danach auf die Suche nach einem Mechaniker. Wir fanden zwar einen, aber er und seine Werkstatt sahen eher so aus, als hätte ich nach der Reparatur zwar immer noch keinen funktionierenden Anlasser, aber dafür ein drittes Rad irgendwo drangeschraubt. Er winkte ab und erklärte uns, dass wir es in der nächsten Stadt versuchen sollten (die über 100 Kilometer entfernt war und für mich erstmal schwierig zu erreichen). Ich schob also mein Motorrad zurück zur Tankstelle und es passierte etwas, was schon so oft auf der Reise passiert ist. Ich wollte es noch einmal versuchen und als ich den Anlasser betätigte, hörte ich das gewohnte Geräusch des Anlassers. Irgendwie hatte sich das Problem von selbst gelöst und das Motorrad sprang wieder an. Nach etwas Recherche und Rekonstruierung der Bewegungen am Motorrad, tippte ich auf ein Problem, was auch schon Alejandro vermutet hatte: den Sensor im Seitenständer. Dieser ist seither mit Panzertape fest nach oben geklebt und ich nutze nur noch den Hauptständer (In Deutschland muss bei Motorrädern der Motor ausgehen, bzw. darf nicht starten, wenn der Seitenständer runtergeklappt ist, um einen Unfall in Kurvenlage zu vermeiden). Wir warteten immer noch an der Tankstelle auf neues Benzin und hatten wieder Hoffnung gefasst, heute doch noch weiter nach Chile fahren zu können. Unter sichtlich aufkommender Hektik strömten ca. 1,5h später alle wartenden Personen zu ihren Fahrzeugen, als ein Tanklaster der Betreibergesellschaft angerollt kam. Der Fahrer schaute allerdings ziemlich verwundert, als er von allen Wartenden in überschwänglicher Freude begrüßt wurde und erklärte kurz darauf, dass er kein Benzin bringen würde, sondern lediglich eine Kleinigkeit zum Essen kaufen wollte. Er erklärte sich aber bereit mal nachzufragen, wo der Kollege bleibt und teilte uns mit, dass vor zehn Uhr abends nicht mit ihm zu rechnen sei. Wir checkten daher im Hotel gegenüber ein und fuhren erst am nächsten Morgen mit neuem Benzin weiter in Richtung Süden, erneut über die Grenze nach Chile und nach Punta Arenas, wo wir aufgrund der Vorkommnisse einen Tag später ankamen als geplant. Normalerweise wäre das kein Problem gewesen, aber Weihnachten stand vor der Tür und unsere Reifen hatten trotz Schonung mittlerweile nicht mehr genügend Profil für die bevorstehenden Kilometer nach Ushuaia. Auch meine Kette hatte seit Bolivien so gelitten, dass ich in den sauren Apfel beißen und mir noch eine neue besorgen musste. Wir hatten allerdings  bisher weder neue Reifen, noch jemanden, der sie auf die Felge montieren konnte. Den Abend des 23. Dezember verbrachten wir also mit der Suche nach einem Reifenhändler und einem Mechaniker. Wir fanden zunächst einen Mechaniker, leider hatte dieser, genau wie die meisten anderen Händler der Stadt nicht die richtigen Reifen im Angebot. Nach unzähligen Fehlversuchen bekamen wir den entscheidenden Hinweis. Mitten in einem Wohngebiet, komplett ohne Werbung befindet sich in Punta Arenas ein Mechaniker und Händler, der u.a. für MotoAventura die BMW Flotte wartet und dieser hatte sowohl die passenden Reifen als auch die benötigte Kette. Leider war er komplett ausgebucht und der nächste Termin zum Umbau der Reifen wäre aufgrund des Weihnachtswochenendes erst Tage später gewesen. Wir hatten jedoch die Idee den Reifen einfach dort zu kaufen, bei dem anderen Mechaniker aufziehen zu lassen und selbst umzubauen. Den Heiligabend verbrachten wir daher zunächst auf dem Bürgersteig des Mechanikers und wechselten dort Reifen und Kette, bevor die Läden langsam ihre Tore schlossen und auch wir mehr oder weniger in weihnachtlicher Stimmung Abendessen gingen. Zwar war es in Punta Arenas zu der Zeit trotz des südkontinentalen Sommers sogar kühler als in Deutschland, aber trotzdem fehlten die weihnachtlichen Traditionen, weshalb der Abend eigentlich wie jeder andere auch verlief. Am nächsten Morgen ging es zu früher Stunde schon zur Fähre, die uns nach Feuerland bringen sollte, wo die letzte Station des Projektes „Panamericana“ auf uns wartete.

Am 1. Weihnachtsfeiertag erreichten wir Feuerland. Die Insel trägt ihren Namen aufgrund des portugiesischen Seefahrers Ferdinand Magellan. Bei der Erkundung der heute nach ihm benannten Magellanstraße, sahen sie im Norden (Patagonien) nichts, aber im Süden viele Lagerfeuer der dort lebenden Indianer, weshalb Magellan das Land als Feuerland bezeichnete.

Wir hatten aufgrund des vorherigen Landschaftsbildes schon eine wage Befürchtung was uns erwarten würde und es bestätigte sich als wir in Porvenir einliefen. Nichts…. Überall wieder nichts außer Wiese und Schafe. Sollte so also das Ende der Panamericana aussehen? Langweilig, eintönig und kalt? Egal, noch knapp 400 Kilometer, die wir jetzt auch durchziehen wollten. Wir fuhren aus der Stadt heraus und mit diesem Moment war die Straße weg und eine schön zu fahrende Schotterpiste schlängelte sich die Küste der Insel entlang, was ca. 60 Kilometer lang doch mehr war, als ich zu Beginn dachte. Nach diesen 60 Kilometer machte die Straße allerdings eine Kurve, führte ins Landesinnere und das Landschaftsbild wurde wieder von endloser Wiese und Schafen abgelöst. Zumindest sorgte die Schotterpiste für etwas Spaß, was sich jedoch änderte als wir die Grenze zu Argentinien überquerten. Der Schotter endete und die Strecke wurde des letzten bisschen Abenteuers beraubt. Was sich jetzt wahrscheinlich anhört als wären die letzten Kilometer absolut schrecklich gewesen, hat in mir allerdings dazu geführt, dass ich auf der schnurgeraden Strecke durch die eintönige Landschaft in eine Art Trance gefallen bin. Mit dem Wissen, dass in den nächsten Stunden das Ziel, wofür Constantin und ich die letzten Monate „gearbeitet“ hatten, erreicht sein würde. Irgendwie hatte ich dadurch das Gefühl die Reise nochmal im Schnelldurchlauf zu durchleben. Angefangen in Alaska, was mich so wahnsinnig beeindruckte, über das wilde Yukon durch Kanada in die Vereinigten Staaten, deren Menschen uns überall so unglaublich Gastfreundlich begegneten… Wir fuhren an einem Verkehrsschild vorbei: „Ushuaia 299“ und ich denke „Ende in 299 Kilometern“… Eigentlich fing das Abenteuer aber erst mit dem Grenzübertritt nach Mexiko an. Eine fremde Sprache, eigentlich nur Horrorstorys, die man im Vorfeld und gerade im nördlichen Nachbarland gehört hatte und dann kam alles anders. Eine Woche im Herzen Tijuanas und ich hatte Mexiko bereits lieben gelernt. Auch die Weiteren Wochen in diesem Land mit dem besten Essen der Reise, tollen Sehenswürdigkeiten und einer beeindruckend vielfältigen Natur. Belize läutete karibisches Feeling und Mittelamerika ein, durch das wir aufgrund der Zeit, die wir in Mexiko verbrachten leider etwas durchhetzen mussten, dass aber dennoch überall mit tollen Menschen und einer Art zu leben aufwartete, die so ganz anders war, als das was ich aus Deutschland kannte. Eines meiner Highlights der Reise war die Überfahrt mit der Stahlratte, die unser Tor zu Südamerika bildete… „Ushuaia 185“… Kolumbien mit einer grandiosen Woche in Medellín. Ecuador, der erste aktive Vulkan, den ich sehe und das erste Mal Bungee springen. Peru, und Bolivien, wo wir Besuch von unseren Vätern erhielten und gemeinsam die Mayastadt Machu Picchu  erkundeten bevor wir uns in den bolivianischen Anden verirrten. Chile mit seiner tollen Hauptstadt erneut tollen Menschen, dem Besuch Arnes und Patagonien, was sich über die südliche Landesgrenze nach Argentinien erstreckt, bis wir auf dem letzten Abschnitt angekommen waren: Feuerland.

Die Insel machte fast den Eindruck, als wäre es ihre Absicht Zeit zum Denken zu geben und den Anschein eines langweiligen Schlussstücks zu mimen, was man nur fährt, damit man es eben zu Ende bringt, denn fast unmerklich änderte sich die Landschaft. Die Wiesen wurden allmählich von moosbedeckten Bäumen geschmückt, immer mehr Wald tat sich vor uns auf und auf einmal waren am Horizont Berge zu sehen. Die Straße änderte sich und wurde kurvig, sodass wieder Spaß am Fahren aufkam. Die letzten ca. 100 Kilometer bis nach Ushuaia sind absolut traumhaft und bildeten einen würdigen Abschluss der Tour. Von Euphorie gepackt, konnte ich es kaum abwarten. Fast sechs Monate hatten wir immer wieder die gleiche Geschichte erzählt: „Wir fahren von Anchorage nach Ushuaia“, und nun waren wir kurz davor. Bis wir (endlich) das Ortsschild passierten. Nach 41.697 Kilometern und 177 Tagen hatten wir Ushuaia erreicht und uns damit zu Weihnachten selbst beschenkt.

Wie geht es nun weiter?

Ich fliege am 11.1.2016 von Buenos Aires wieder zurück nach Deutschland. Ich hatte lange überlegt, was ich mit meinem Motorrad machen soll. Ich war eigentlich die ganze Zeit eher davon überzeugt, dass ich es verkaufen und nicht mit nach Deutschland nehmen will. Ich hatte sogar jemanden an der letzten Grenze zu Chile kennengelernt, der starkes Interesse hatte und es mir gerne abgekauft hätte. Ich hätte die Möglichkeit gehabt nach Puerto Natales in Chile zu fahren, mein Motorrad zu verkaufen, von dort nach Buenos Aires zu fliegen, noch ein paar Tage Urlaub zu machen und dann wieder nach Deutschland zu fliegen. Aber wo die Möglichkeit auf einmal so vor mir lag, merkte ich, dass sich in meinem Inneren einiges dagegen sträubte. Ich konnte Constantin doch nach unserer Reise jetzt nicht einfach alleine wieder nach Norden fahren lassen, nur damit ich mein Motorrad verkauft bekomme. Außerdem wäre der Preis den er mir bereit gewesen wäre zu zahlen, deutlich zu niedrig für den ideellen Wert, den das Motorrad durch die Reise bekommen hat. Das Projekt „Panamericana“ wurde erfolgreich abgeschlossen, aber die Tour an sich war und ist das eigentliche Ziel und daher fahren wir nun an der Atlantikküste wieder nach Norden und ich schaue, ob ich in Buenos Aires noch jemanden finde, der das Motorrad zu einem besseren Preis kaufen möchte oder – und das ist viel wahrscheinlicher – ich nehme es wieder mit nach Deutschland.