Wir haben Banff nun hinter uns gelassen und die Fahrt auf dem Transcanada Highway  zurück nach Westen war aufgrund der Rocky Mountains ebenso beeindruckend, wie schon der Weg vorher über den Alaska Highway nach Osten. Durch die Gebirgslandschaft zu fahren macht einfach Spaß und der Highway schlängelt sich verhältnismäßig kurvig durch das Gebirge, sodass es gerade als Motorradfahrer traumhaft ist dort entlang zu fahren. Wir hatten zudem endlich wieder richtig Sonne und es wurde warm. Zum ersten Mal konnte ich meine wärmende zweite Haut länger als nur ein paar Kilometer ausziehen und wir haben unser Tagesziel „Revelstoke“ gut gelaunt erreicht. Im Visitors Center trafen wir noch ein paar andere Deutsche, die uns von sehr schönen kostenlosen Campingplätzen in der Nähe erzählten. Gepackt von der Idee, nicht wieder Geld für einen Campingplatz auszugeben, der sich nur durch gemähtes Gras von der Wildnis unterscheidet, machten wir uns auf die Suche nach einem Platz, um unter freiem Himmel die Nacht zu verbringen. Ca. 15 Kilometer außerhalb von Revelstoke fanden wir auch schließlich den „Begbie Creek Trail“. Dieser dicht bewachsene Wanderweg führte nach ca. 1,5 km durch Gestrüpp auf eine kleine Lichtung, die wir als unseren Schlafplatz auserkoren. Wir wurden im Vorfeld vor der hohen Bärenpopulation gewarnt und hatten daher alle Vorsichtsmaßnahmen getroffen, um einer Konfrontation aus dem Weg zu gehen. Wir brachten alles was Bären anzieht (Essen, Zahnpasta, Deo etc.) weit genug weg und bauten Bett und Moskitonetz auf. Nach ca. 45 Minuten zwischen angestrengtem Lauschen nach allem was dort im Wald lauern könnte und dem noch anstrengenderem Versuch einfach einzuschlafen, kamen auf einmal Geräusche aus dem Wald. Der Puls bei 200 und das Bärenspray bereits im Anschlag, waren es allerdings nur ein paar Kletterer, die uns sagten, dass wir direkt neben dem Weg zu einem sehr bekannten Kletterpfad liegen und aufgrund der eingetretenen Dunkelheit noch der ein oder andere an uns vorbei kommen wird. Okay… Entwarnung… Dadurch deutlich beruhigt, schlief ich mit Blick auf einen extrem klaren und hellen Sternenhimmel relativ schnell ein. Ca. 1,5 h wurde ich allerdings wieder wach, da der Himmel mittlerweile komplett zugezogen und mal wieder ein Gewitter im Anmarsch war. Gott sei Dank trafen wir rechtzeitig die Entscheidung einfach einzupacken und uns in der Stadt etwas anderes zu suchen, da ca. 10 Minuten später ein mittelschwerer Sturm über das Gebiet um Revelstoke zog. Nachdem wir uns zunächst bei Tim Hortons stärkten und beratschlagten, wie es weitergehen soll, gingen wir zu einer Überdachung hinter dem bereits bekannten Visitors Center und schliefen einfach dort. Gegen 5:30 wurde ich durch unsere „Nachbarin“ geweckt, da der Regen mittlerweile so stark war, dass sie aus dem Haus gestürmt kam, um ihr Werkzeug und diverse Holzarbeiten in Sicherheit zu bringen. Da ich nun sowieso wach war, half ich ihr dabei und begann so meinen Tag total übermüdet. Eigentlich wollten wir an diesem Tag eine Route fahren, die uns bereits vor ein paar Tagen ans Herz gelegt worden ist und auch Teil vieler geführter Motorradtouren durch die Rocky Mountains ist. Von Revelstoke nach Vernon über Nakusp. Trotz des Sonnenscheins der uns seit des Vormittags wieder begleitete, hatte die vorherige Nacht einige Spuren in der Moral hinterlassen und ließ uns die Strecke nicht unbedingt genießen. In Edgewood und auf der Hälfte der Strecke stoppten wir, um eine kurze Rast zu machen und unsere Motorräder wieder aufzutanken. Durch unsere Müdigkeit hielten wir allerdings deutlich länger als geplant und beobachteten das Treiben, welches an dieser Tankstelle/Supermarkt/Schnapsladen stattfand. Da wir aufgrund unserer Nummernschilder, der Flagge und der Beladung natürlich immer mit verschiedenen Leuten ins Gespräch kommen, dauerte es auch dieses Mal nicht lange, bis wir in eine längere Unterhaltung mit einem etwas schrulligeren Rentnerpaar kamen. Sie waren gerade mit ihrem Hund und ihrem sprechenden Papagei unterwegs zum See, um dort ein paar Tage auf dem Hausboot zu verbringen. Wir erzählten, dass wir nach Vernon wollten und bekamen den Tipp doch lieber hier zu bleiben, da der Strand und der See deutlich schöner und vor allem nicht so überlaufen seien. Sie hatten Recht. Super Idee!

Da wir an der Tankstelle wahrscheinlich bereits die Hälfte der Einwohner bei ihren Einkäufen beobachtet hatten, viel mir auch direkt ein bekanntes Gesicht in ca. 50 Metern Entfernung am Strand auf. Ich hatte mich mit Paul bereits kurz an der Tankstelle über unsere Tour unterhalten und sah, wie er gerade an seinem Hausboot arbeitete. Ich ging hin und kam wieder mit ihm ins Gespräch. Nachdem er mir eine Privatführung durch sein Hausboot gab, fragte ich Ihn, ob wir uns ggf. sein Kanu ausleihen könnten. Klar! Wir erkundeten im Laufe des Tages noch den umliegenden Wasserfall und genossen das Wetter und die Ruhe. Am nächsten Tag fuhren wir wieder ausgeruht weiter in Richtung Vancouver und kamen dabei durch das kleine Städchen Lumby. Ursprünglich wollten wir in Vernon Mittagessen, aber als wir an der Ampel standen und das „Krazy Llama Bistro“ sahen, war sofort klar, dass wir hier Rast machen. Falls jemand mal nach  Lumby kommen sollte: Auf jeden Fall hier etwas essen!! Die chilenische Besitzerin Judith macht nicht nur unglaublich leckere Gerichte, sondern gab uns auch allerlei kulinarische Tipps, was wir wo in Mittel- und Südamerika unbedingt probieren sollen. Gestärkt ging es den restlichen Tag durch die größte Wein- und Obstanbauregion Kanadas. Gegen Nachmittag fuhren wir eine lange Strecke durch ein Tal, von wo immer mal wieder Schotterpisten abgingen und sich serpentinenartig den Gipfeln entgegen schraubten. Irgendwann kam uns die Idee, die Nacht auf einem dieser Gipfel zu verbringen und so war auch der Schlafplatz für diese Nacht gefunden. Die nächsten beiden Tage standen ganz im Zeichen Vancouvers. Tolle Stadt, auch wenn es sich zu Beginn komisch anfühlte, nach vier Wochen Natur, Zelt und nur kleineren Städten in einer Großstadt zu stehen. Nachdem wir feststellten, dass es keine geeigneten Campingplätze gab, checkten wir also zum ersten Mal auf dieser Reise in ein Hostel ein und begannen die Erkundung der Stadt. Ich habe Vancouver als sehr künstlerisch geprägte Stadt empfunden. Zum einen finden sich überall große Graffiti und klassische Kunst der Ureinwohner (Totems etc.), als auch beispielsweise Klaviere, die in der Stadt verteilt stehen und Straßenmusikern eine Möglichkeit geben dort zu musizieren. Auch die Berge, die sich angrenzend an Vancouver erheben, geben der Stadt ein gewisses Flair.

Am Freitag brachen wir morgens in Richtung Horseshoe Bay auf, um mit der Fähre nach Nanaimo auf Vancouver Island überzusetzen. Zunächst durchquerten wir einmal die Insel von Ost nach West, um uns das Surfer-Paradies Tofino anzuschauen. Sehr vom Tourismus geprägt und aufgrund des Wochenendes überlaufen, beschlossen wir allerdings relativ schnell dem Wassersport nicht hier sondern in Mittel- und Südamerika nachzugehen und auch unser Nachtlager außerhalb aufzuschlagen. Wir kamen wieder mit Einheimischen ins Gespräch und uns wurde empfohlen für ein kostenloses Nachtlager außerhalb des Nationalparks eine bestimmte Schotterpiste in den Urwald zu nehmen und nach einem geeigneten Platz Ausschau zu halten. Wir bogen also in diese Straße ein und suchten… Wir suchten 5 Kilometer, wir suchten 10 Kilometer, wir suchten 15 Kilometer und nachdem wir einige nicht vertrauenserweckende Plätze als unzureichend deklariert hatten, wollten wir bereits umdrehen und uns etwas anderes suchen, als wir auf einmal um eine Ecke Bogen und Mitten auf einem Strand standen.  Wahnsinn! Was ein Glück! Zelte aufgebaut, Abendgegessen und die Aussicht genossen. Am nächsten Tag beschlossen wir kurzerhand noch einen Tag am Strand zu bleiben, allerdings brauchten wir neue Lebensmittel und da Constantin sowieso nochmal Skypen wollte, fuhr er wieder in Richtung Zivilisation. Währenddessen kam einer der Nachbarn zu mir und fragte mich nach Tabak. Damit konnte ich leider nicht dienen, aber wir kamen dennoch ins Gespräch und er erzählte mir, dass er oft am Wochenende hier raus kommt, um abzuschalten. Unter der Woche ist er Fischer und er hat zufällig genügend Lachs dabei, um uns zwei Stücke zu schenken. WOW! Als Constantin zurückkommt, hat er von der hiesigen Brauerei Bier mitgebracht und wir genießen den letzten Abend am Strand des Lake Kennedy. Am Sonntag stand als Tagesziel die Hauptstadt British-Columbias: Victoria. Deutlich kleiner als Vancouver und mit ganz eigenem Charme verbrachten wir hier den Sonntagabend und gestern den halben Tag. Uns fiel schon morgens auf, dass sich ein Filmteam in der Stadt aufhielt. Sie drehen in Victoria gerade die Fernsehproduktion „Just in time for Christmas“. Amüsant zu sehen, wie Schauspieler und Statisten im Sommer bei knapp 30°C im Wintermantel vor Weihnachtsdekoration darauf warten, dass jemand „Action!“ schreit. Wir wären ggf. auch noch länger in der Stadt geblieben, allerdings mussten wir weiter, da ich nach einigem hin und her mit verschiedenen Werkstätten endlich einen Termin in Tacoma ausmachen konnte, um einen Service inkl. Reifen, Bremsbeläge und Ölwechsel machen zu lassen. Gestern sind wir deshalb, überraschenderweise sehr unproblematisch und ohne viel Papierkram, mit der Fähre nach Port Angeles übergesetzt und wieder in die USA eingereist. Gerade sitze ich hier in Tacoma bei South Sound Motorcycles und warte darauf, dass mein Motorrad aus der Werkstatt entlassen wird. Constantin hat auch gerade einen neuen Hinterreifen bekommen und fährt gleich nochmal weiter zu Honda, da dort noch ein neuer Ölfilter und ein Ölwechsel auf seine Transalp wartet.

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