Hätte mir vor 4 Wochen jemand die Frage gestellt, was Kolumbien zu bieten hat, hätte ich kaum etwas darauf antworten können. Kolumbien war, wie viele andere Teile der Welt ebenfalls, eher ein dunkler Fleck auf meiner Landkarte über den ich kaum etwas wusste. Daher kam es uns sehr gelegen, dass Ludwig – der Kapitän der Stahlratte – uns ansprach und fragte, ob wir noch nach einer Bleibe in Cartagena suchen würden. Er wohnt, wenn er nicht gerade auf hoher See ist, mit seiner Frau, einem Teil ihrer Familie und der gemeinsamen Tochter Mitten in Cartagena und hat 2 Gästezimmer, die er vermietet. Wir überlegten nicht lange, sagten zu und hatten so für die nächsten Tage eine zentrumsnahe Bleibe in der ersten Stadt Kolumbiens. Nachdem wir, noch im Hafen liegend, die offizielle Einreisegenehmigung der Behörden erhielten, fuhren wir sofort gemeinsam mit Ludwig an Land und tauchten während der Taxifahrt in Richtung seiner Wohnung immer weiter in das kolumbianische Leben ein. Laute „Gute Laune-Musik“ die aus den Häusern auf die Straße drang, Menschen, die dazu auf verschiedenste Weise den Tag begannen und irgendwie hatte man aufgrund ihrer Ausstrahlung sofort wieder den Eindruck, dass die Menschen hier sehr glücklich und zufrieden sind. Bei Ludwig zuhause angekommen, bezogen wir erstmal unser Zimmer und verbrachten den halben Tag damit uns möglichst wenig zu bewegen und so nicht allzu sehr zu überhitzen, da die hohe Luftfeuchtigkeit und die Hitze jede Bewegung zu einer schweißtreibenden Angelegenheit machten. Stattdessen verbesserten wir im Gespräch mit Ludwigs Frau unser Spanisch, aßen gemeinsam zu Mittag und bereiteten uns auf den Abend vor. Wir hatten geplant uns nochmal mit einigen unserer Mitreisenden der Stahlratte zu treffen und wollten die Stadt erkunden.

Der „Plaza de la Santisima Trinidad“ liegt mitten in dem Altstadtzugehörigen Teil „Getsmani“ Cartagenas und war an diesem Abend nicht nur unser Treffpunkt, sondern auch der vieler Kolumbianer. Der Platz, dessen Zentrum die Kirche „Santisam Trinidad“ bildet, wird von vielen gemütlichen Bars und Restaurants umringt und ist daher Anlaufstelle für Jung und Alt. Regelmäßig tauchen hier diverse Künstler und Artisten auf, die ihr Können präsentieren und dadurch für eine gewisses Entertainment sorgen. Die Altstadt Cartagenas teilt sich in mehrere Stadtteile auf. „Getsmani“ das ehemalige Armen- und Sklavenviertel liegt südlich der Stadtteile „Centro“ und „San Diego“ welche nach einigen Überfällen 1697 durch eine noch heute erhaltene 11 Kilometer lange Stadtmauer befestigt wurden und damals die Händler und obere Schicht Cartagenas beheimateten. Unser nächstes Ziel bestand diese nördlichen Stadtteile zu erkunden. Wir merkten allerdings schnell, dass hier zwar auch an manchen Stellen nette Bars dazu einluden zu verweilen, aber das Flair des Plazas einfach fehlte. Da wir am nächsten Tag früh raus mussten, um unsere Motorräder, die noch nicht offiziell eingeführt waren, am Hafen abzuholen, beschlossen wir noch auf ein Bier zurück nach „Getsmani“ zu gehen und von dort zurück nach Hause zu fahren.

Am nächsten Morgen um halb sechs machten sich Ludwig und wir auf den Weg in Richtung Stahlratte. Als Verkehrsmittel unserer Wahl standen an diesem Morgen für jeden ein „Moto-Taxi“ bereit. In Cartagena (auch in anderen Städten Kolumbiens haben wir sie gesehen) fahren immer wieder Motorradfahrer durch die Gegend, die einen zweiten Helm über den Arm gestreift haben. Einfach per Handzeichen bedeuten, dass man mitfahren will und die lustige Fahrt kann beginnen… Wer sich selbst eher als schreckhaften Beifahrer bezeichnet, sollte ganz großen Abstand davon nehmen mit einem Moto-Taxi zu fahren. Grundsätzlich gilt: Verkehrsregeln sind eher Richtlinien, die aber auch getrost ignoriert werden können UND wenn irgendwo eine Lücke ist, kommen wir da auch durch… bestimmt. Je mehr Verkehr desto abenteuerlicher wird so eine Reise natürlich. Unschlagbar schnell und wohlauf kamen wir am Hafen an, wurden dort eingesammelt und wieder zur Stahlratte gebracht. Ludwig hatte tags zuvor allen ins Gewissen geredet um Punkt sechs am Pier zu stehen und so wurden nach und nach alle wieder an Bord geholt und anschließend ein Motorrad nach dem anderen auf einen Ponton geladen. In bedächtigem Tempo, sodass keines der Fahrzeuge über Bord gehen konnte, fuhren wir zwei Mal hin und her, bis jedes Motorrad an Land war. Unser nächstes Ziel bestand darin auf direktem Weg zur Zollabfertigung zu fahren, wo bereits Ludwigs Agent Manfred auf uns wartete und Stoßweise alle Motorräder auf einmal abfertigen ließ. Während der Wartezeit wurde auch der wahre Grund hinter der strikten Uhrzeit klar. Auch wenn es nur ein paar Meter sind, ist jedes der Fahrzeuge zwischen Pier und Zoll inoffiziell in Kolumbien. Um etwaigen Stress mit der Polizei zu vermeiden, findet das Abladen und die Fahrt zum Zoll immer genau im Zeitfenster des Schichtwechsels statt… Nach zwei Stunden war alles erledigt und wir konnten mit unseren Motorrädern wieder zurück fahren, um abschließend noch das restliche Gepäck von der Stahlratte zu holen. Eigentlich hätten wir danach noch mit Manfred eine Versicherung kaufen sollen, aber da er nirgends zu sehen war, keiner wusste wo sich die Versicherung befand und nachdem wir sie endlich gefunden hatten, die Bürozeiten bereits vorbei waren, beschlossen wir, dass man auch ohne fahren kann und verbrachten den restlichen Tag damit den ummauerten Teil der Altstadt und die Festung San Felipe zu erkunden, die im ebenfalls Zuge der Stadtbefestigung 1697 erbaut wurde.

Am nächsten Tag standen unsere Zeichen wieder auf „Aufbruch“ und unser Weg führte uns in Richtung Medellín. Da die komplette Strecke für einen Tag zu viel gewesen wäre, stoppten wir eine Nacht in Sahagún und fuhren am nächsten Morgen weiter, um die nächsten 8 h durch erste Ausläufer der Anden durch tolle Landschaften über eine perfekte Motorradstrecke unser Tagesziel zu erreichen.  Was wir bereits in Cartagena erfahren hatten, spitzte sich in Medellín zum äußersten zu: Absolutes Verkehrschaos und überall Motorräder, die sich durch noch so enge Lücken quetschten. Relativ schnell hatten wir den Dreh raus und trotz des Gepäcks übernahmen wir relativ die kolumbianische Fahrweise. Ich hoffe, dass Medellín auf meinen Fahrstil keinen nachhaltigen Einfluss hat, da ansonsten mein Führerschein in Deutschland SOFORT weg ist… Für immer… 😉

In Medellín wartete bereits Ralph auf uns. Er leitet hier seit einem Jahr die Firma Jowat Kolumbien, wohnt daher im Herzen der Stadt und ist ein Freund von meinem ehemaligen Nachbar Andreas, der den Kontakt zwischen uns hergestellt hat. Danke nochmal dafür! Ralph hatte die Idee, dass wir uns in der Firma treffen sollten, da diese deutlich leichter zu finden sei, als seine Heimadresse. Wir hatten uns zwar vorher angeschaut wie wir an unser Ziel gelangen konnten, aber in diesem Chaos waren wir so schnell verloren, dass wir etwas Planlos durch die Stadt irrten und auf einmal waren wir in einem Stadtteil, der so gar nicht einladend aussah. Überall Berge von Müll und Leute auf der Straße, die aussahen als wäre Alkohol noch das Gesündeste was sie zu sich nehmen. Ich kann nicht sagen, wie der Stadtteil hieß oder wo er genau war, aber wir hatten augenblicklich das Gefühl, hier sofort wieder raus zu müssen. Im Verkehr sprachen wir einen anderen Motorradfahrer an, erklärten ihm grob wo wir hin wollen und wieder mal hatten wir das Glück auf jemanden zu treffen, der uns fast eine halbe Stunde durch das Chaos führte und schlussendlich an unserem Ziel wieder uns selbst überließ. Ralph, der seit dem Morgen nichts mehr von uns gehört hatte und sich allmählich schon etwas Sorgen machte, da die geplanten 8 Stunden bis zu ihm mittlerweile seit 2 Stunden überschritten waren, empfing uns und wir fuhren zunächst zu seiner Wohnung. Leider wird in Kolumbien relativ früh zu Abend gegessen, was dazu führte, dass bereits einige der umliegenden typischen Restaurants geschlossen hatten. So landeten wir im Hard Rock Café Medellín und Ralph zeigte sich in außerordentlicher Partylaune. Er hatte es in diesem Monat geschafft Jowat Kolumbien, knapp ein Jahr nach deren Start, profitabel zu machen und war daher verständlicherweise sehr euphorisch. Deshalb und aufgrund des Halloweenwochenendes hatten wir uns unbewusst den perfekten Zeitpunkt für unseren Besuch ausgesucht. Neben dem Nachtleben hat Medellín sehr viel Kunst zu bieten. Beispielsweise hat der kolumbianische Künstler Fernando Botero der Stadt 23 seiner Skulpturen gespendet, die im Botero Plaza ausgestellt sind. Außerdem  ist im Zugticket die Möglichkeit enthalten mit einer Seilbahn auf einen der umliegenden Berge Medellíns zu fahren. Da Medellín im Aburrá-Tal, einem Teil des mittleren Bergzugs der Anden liegt, ist dieser Ausblick sehr lohnenswert. Nachdem wir ursprünglich mal geplant hatten Samstags wieder weiter zu ziehen,  wir aber Montags immer noch in Medellín waren, entschieden wir das Dienstags Morgens wieder die Zeit gekommen war, um weiter nach Süden zu fahren. Unser nächstes Ziel war Cali, welches ich nicht empfehlen kann. Es gibt zwar ein paar schöne Ecken, aber größtenteils machte das Stadtbild Calis eher einen unfreundlichen Eindruck, obwohl wir auch hier wieder sehr nette Menschen getroffen haben.

Unser Tagesziel für den nächsten Tag, sollte eigentlich Ipiales sein, aber aufgrund der serpentinenartigen Straßen durchs Gebirge kamen wir deutlich langsamer voran, als geplant, weshalb wir kurz vor der Stadt Pasto in ein Familiengeführtes Hotel einkehrten. Der 8 Jährige Nachwuchs der Familie fragte mich beim Parken nach den ganzen Aufklebern auf meinem Motorrad und ich erklärte ihm, was wir machen und das mir noch ein Aufkleber der kolumbianischen Flagge fehlt. Als wir später unten im Restaurant saßen kam er auf einmal und wollte mir eine selbst gemachte Flagge für mein Motorrad schenken… Aus Knete auf Papier. Ich habe die Flagge zwar nicht aufs Motorrad geklebt, war aber von der Geste trotzdem sehr begeistert.

Der nächste Tag führte uns in die auf 2.900 Meter gelegene Stadt Ipiales mit ihrer Wallfahrtskirche: „El Santuario de la Virgen del Rosario de Las Lajas en Ipiales“, die auf einer Brücke über einer Schlucht errichtet und zum Teil in den angrenzenden Fels gebaut wurde. Nachdem Sightseeing fuhren wir zur 5 Kilometer entfernten Grenze und konnten nach unverständlich langem Warten ohne große Probleme in Ecuador einreisen.

Und natürlich wieder eine kleine Auswahl von dem was wir so gegessen haben:

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