Nachdem wir Whitehorse hinter uns gelassen hatten, ging es weiter in Richtung der im Osten liegenden Stadt Banff. Laut einer Karte aus Dawson City liegt Banff direkt auf der Rocky Mountain Route, weshalb wir diese entlang des Alaska Highways einschlugen. Der erste Stop hinter Whitehorse führte uns nach Teslin, welche zur Zeit des Goldrauschs eine Siedlung der Tlingit war. Die Tlingit sind ein nordamerikanisches Indianervolk, deren Malereien und Totems auf der gesamten Route durch den Yukon präsent waren. Eigentlich wollten wir uns in einem Museum eingehender über deren Geschichte und Kultur informieren, aber aus irgendeinem Grund streikten sowohl Constantins als auch meine Kreditkarte. War wahrscheinlich eh nicht so interessant… Kurz darauf führte uns unsere Route durch den Schilderwald in Watson Lake, wo wir uns auch verewigten. Als Tagesziel hatten wir die Liard River Hot Springs auserkoren. Diese heißen Quellen, deren Temperatur zur Zeit des Austritts zwischen 40°C und 50°C schwankt, liegen mitten im Wald und sind weitestgehend natürlich erhalten. Außer ein paar Umkleiden, Sitzmöglichkeiten, Treppen, die in das Wasser führen und einer Barriere, die das extrem heiße Wasser in einem oberen Becken vom etwas kühleren unteren Bereich trennt, gibt es keine Änderungen am ursprünglichen Aufbau der „Pools“.

Der Weg in die pure Entspannung sollte uns aber erstmal entlang eines Reiseabschnitts führen, der irgendwo zwischen „Tiersafari“ und der Reise nach „Mordor“ anzusiedeln ist. Dass wir auf diesem Abschnitt viele wilde Tiere sehen werden, hatte man uns bereits im Vorfeld prophezeit, aber was letztendlich kam, hatte ich mir so nicht vorgestellt. Wir waren also von Teslin aus aufgebrochen und der Himmel sah, wie die letzten Tage auch schon, nicht sehr nach gutem Wetter aus. Es regnete hin und wieder mal, was aber natürlich durch den Compañero kein Problem darstellte. Irgendwann wurde der Himmel aber immer dunkler und wir sahen in der Ferne genau auf unserer Route einige Blitze am Himmel und ein Gewitter auf uns zukommen. Das Problem in einer Gegend wie dieser ist, dass man in solch einer Situation nur wenige Optionen hat. Entweder man bleibt an Ort und Stelle im Regen stehen bzw. sucht sich einen Unterstand, wobei man Bäume natürlich meiden sollte (schwierig in einem Wald) oder man fährt weiter. Aufgrund eines aufziehenden Gewitter hätte ich wahrscheinlich unter normalen Umständen davon Abstand genommen, genau in dieses hinein zu fahren, aber zum einen sahen wir genau in dem Moment, als wir über unser Vorgehen diskutierten einen Schwarzbären am Waldrand stehen, was keine Auswahl mehr zwischen Gewitter und kein Gewitter, sondern zwischen Bär oder Gewitter zuließ und zum anderen waren wir kilometerweit von allem entfernt, was man als Zivilisation beschreiben konnte. Daher entschieden wir uns für: Gewitter. Ich kann eigentlich überhaupt nicht beschreiben, wie abgefahren das war und selbst die Bilder geben (leider) nur annähernd wieder, wie die Natur um uns herum aussah. Ich glaube aber, dass ich noch nie so eine intensive Erfahrung mit einer Naturgewalt machen durfte. Normalerweise sitzt man bei solch einem Wetter (verständlicherweise) irgendwo geschützt in einem Haus oder einem Auto, aber wir hatten nun mal keine andere Wahl, als auf dem Motorrad weiter zu fahren. Aufgrund des relativ dämmrigen Lichtes sind wahrscheinlich auch die ganzen Tiere an den Rand oder auf die Straße gelockt worden. So hatten wir Begegnungen mit Karibus, Elchen, mehreren Schwarzbären und einer ganzen Herde Bisons. Die einzelnen, die wir zuvor schon gesichtet hatten, habe ich fotografiert, als wir durch die Herde fuhren, lies mein Puls eine Fotopause aber einfach nicht zu. Action Cam sei Dank, ist aber auch dieser Abschnitt festgehalten. (Wenn wir mal viel Zeit haben, wird auch der erste Clip zusammen geschnitten). Total vernebelt von den ganzen Eindrücken der Tagestour kamen wir dann relativ spät auf dem Campingplatz der Liard Hot Springs an, wo wir zwei Nächte verbrachten und sogar den einzigen vollen Sonnentag der Woche erwischten. Constantin hatte in der zweiten Nacht allerdings kein Glück mit seinem Zelt. Der Regen war so stark, dass es irgendwann anfing durch das Zelt hindurch zu regnen und seine komplette Ausrüstung durchnässte. Nachdem das Material am nächsten Morgen so gut es ging getrocknet wurde, brachen wir wieder auf. Als hätte der „Erfinder“ der Rocky Mountain Route unsere Erfahrung eingeplant, wurden die darauffolgenden zwei Tage, außer einem tollen Strand, den wir zum Übernachten wählten, zu einem relativ langweiligen „Kilometermachen“, bis wir (wieder mal) in strömendem Regen die Ausläufer des extrem beeindruckenden Jasper Nationalparks erreichten. Da wir uns mittlerweile schon deutlich weiter vom Polarkreis entfernt hatten, wurde es auf einmal deutlich dunkler als noch die Tage zuvor. Zudem hatten wir, ohne es zu wissen, bei der Einfahrt nach Alberta wieder eine neue Zeitzone erreicht. Da Jasper bereits auf 1.062 Metern innerhalb des Gebirges liegt, sanken die Temperarturen auf knapp 8°C. Das erste Mal, dass wir (aufgrund der Dunkelheit, der Kälte und des Regens) darüber nachdachten uns in Jasper in einem Hostel einzuquartieren, wurde durch das Wochenende, die Ferienzeit, die fortgeschrittene Tageszeit und die damit einhergehende Vollbelegung verhindert. Wir betrachteten dies als Zeichen, dass wir uns während einer Abenteuerreise sicher nicht vom Wetter diktieren lassen sollten, wo wir zu übernachten haben und bauten auf einem schlammigen Campingplatz, während es in Strömen regnete unsere Zelte auf und schliefen danach sofort ein. Der nächste Tag begann, wie sollte es auch anders sein, mit einer ordentlichen Portion Regen. Da die Wettervorhersage für Banff deutlich besser aussah, brachen wir so früh wie vorher noch nie auf, um unseren Weg durch die Rockies fortzusetzen, kurz beim Lake Louise anzuhalten und schließlich bei angenehmen Temperaturen in Banff anzukommen und bei Sonnenschein einen Entspannungstag zu genießen.

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